Der Glanz bröckelt
Der französische Luxusgigant Kering startet schwach ins Jahr – und enttäuscht damit nicht nur die Anleger, sondern gleich eine ganze Branche, die sich bislang gerne immun gegen Konjunktur und Krise sah.
Im ersten Quartal 2025 brach der Umsatz um satte 14 % auf 3,88 Milliarden Euro ein. Besonders bitter: Analysten hatten mit einem deutlich geringeren Rückgang gerechnet. Für einen Konzern, der jahrzehntelang vom Mythos der Preissetzungsmacht und Markenstärke lebte, ist das ein Warnsignal.
Gucci – der einstige Wachstumsmotor stottert
Im Zentrum der Krise: Gucci. Das Aushängeschild und einstige Umsatztreiber-Label der Gruppe verlor auf vergleichbarer Basis rund 25 % seiner Erlöse – und damit den größten Anteil aller Marken unter dem Kering-Dach. Von 1,6 Milliarden Euro Umsatz bleibt ein Gefühl von Ratlosigkeit.
Ein Grund dafür: Der kreative Wechsel an der Spitze. Sabato De Sarno, der das Label zuletzt verantwortete, konnte die Verkaufszahlen nicht beleben. Nun soll Demna Gvasalia, bisher für Balenciaga zuständig und bekannt für Provokation statt Prestige, die Wende bringen. Ob das gelingt, ist fraglich – der Wechsel kam spät, die Kollektionen sind noch in Arbeit.
Zölle, Zurückhaltung, Zeitgeist
Kering ist nicht allein. Die gesamte Luxusbranche leidet derzeit unter einem Mix aus geopolitischer Unsicherheit, US-Strafzöllen und einem Konsumklima, das auch bei zahlungskräftiger Klientel für Zurückhaltung sorgt. Vor allem China und die USA, früher verlässliche Wachstumsmärkte, schwächeln.
Hinzu kommt ein subtiler, aber spürbarer Wandel im Zeitgeist: Protz ist out, Nachhaltigkeit in. Gucci und Co. tun sich schwer, auf diese veränderte Haltung glaubwürdig zu reagieren. Der Run auf Logos ist vorbei – was bleibt, sind teure Kollektionen, die sich nicht mehr von selbst verkaufen.
Börse straft ab – Kering verliert Vertrauen
Die Reaktion der Investoren fiel eindeutig aus. Die Kering-Aktie verlor am Donnerstagvormittag zwischenzeitlich knapp 5 % und notierte bei 166,42 Euro – ein Tiefstand, der Fragen aufwirft. Denn das Vertrauen in den Konzern schwindet nicht nur wegen des Quartalsberichts, sondern auch, weil eine klare strategische Vision fehlt.
Während Konkurrenten wie LVMH stärker diversifiziert sind und auf wachsende Segmente wie Kosmetik und Parfüm setzen, hängt Kering unverhältnismäßig stark an Gucci. Ein Klumpenrisiko, das in Krisenjahren schwer wiegt.
Was jetzt zählt: Markenführung und Fingerspitzengefühl
CEO François-Henri Pinault hat die Lage nüchtern kommentiert – „wie erwartet, ein schwieriger Start“. Doch zwischen den Zeilen schwingt Unsicherheit mit. Der angekündigte Fokus auf Wachsamkeit ist vage. Kering muss mehr liefern als defensive Durchhalteparolen. Gefragt sind kreative Neupositionierung, strategische Ausrichtung und operative Disziplin.
Ob Demna Gvasalia mit Gucci den modischen Befreiungsschlag landet, ist offen. Klar ist aber: Noch eine Enttäuschung in Folge könnte nicht nur Anleger, sondern auch Markenbotschafter und Kunden dauerhaft vergraulen.