Die Börse erwartete ein Feuerwerk, doch Mercedes-Benz liefert nur einen lauen Sommerregen. Die vollelektrische Luxuslimousine EQS, einst als Stern am Himmel der Elektromobilität gefeiert, entpuppt sich als trüber Fleck auf der Bilanz des Stuttgarter Autobauers.
Während Ferrari und LVMH mit strahlenden Kurs-Gewinn-Verhältnissen die Börsenhimmel erhellen, hängt die Marktkapitalisierung von Mercedes wie ein bleierner Ballon am Horizont. Die Erwartungen wurden nicht erfüllt, die Luxusstrategie gerät ins Wanken, und die Börse reagiert frustriert.
„Kurzfristig blicken wir eher vorsichtig auf Mercedes“, gesteht Moritz Kronenberger, Fondsmanager bei Union Investment.
„Auf Ebene der Baureihen gibt es aktuell keinen Katalysator für Wachstum.“
Elektroautos stagnieren in der Nachfrage, der Wettbewerb verschärft sich, und die einst glänzenden Verkaufsprognosen für den EQS erweisen sich als Luftschlösser. Die Börse verlangt nach Antworten, während der Vorstand auf Zeit spielt.
Doch nicht nur die Elektroambitionen setzen dem Autobauer zu. Das dritte Quartal entpuppte sich als Stolperstein, als Hoflieferant Bosch den Bau von Bestsellern wie GLC und E-Klasse durch Mängel in der 48-Volt-Bordnetzqualität ausbremste.
Eine vermeintlich verkappte Gewinnwarnung und Zweifel an den zukünftigen Margen lassen die Aktienkurse purzeln.
Analysten korrigieren ihre Kursziele nach unten, und die Deutsche Bank bleibt der einsame Optimist mit einem Kursziel, das kaum jemand intern teilt. Die Nervosität steigt, die Frustration wächst.
„Wenn es uns nicht gelingt, weiterhin überlegene Margen im Sektor zu liefern, sind wir erledigt,“ warnt ein Topmanager.
Die gesamte Börsenstory von Mercedes fußt auf der Profitabilität, und diese scheint zu bröckeln.
Mercedes-Chef Ola Källenius hatte klare Ziele, als er die Luxusstrategie ausrief: Marge statt Menge. Die Lkw-Division wurde abgespalten, verlustreiche Geschäftsbereiche abgestoßen, und Jobs wurden gestrichen. Doch die Börse zweifelt, ob diese Strategie aufgeht.
Fast neun von zehn Neuwagen haben immer noch einen Verbrennungsmotor. Der EQC wurde wegen mangelnder Nachfrage eingestellt, und der EQS, einst als Hoffnungsträger gefeiert, enttäuscht.
Die Rabattschlachten, um die schwächelnden Elektroverkäufe anzukurbeln, stoßen auf Kritik. "Luxus geht anders," meint ein Investmentbanker. Die Luxusstrategie sei nicht falsch, aber Luxus bedeute Verknappung.
„Mir fehlt allerdings die Fantasie, wie dieses Konzept bei zwei Millionen Neuwagen jährlich klappen soll“, gibt Moritz Kronenberger zu bedenken.
Mercedes sieht die Zukunft rosig. Ab 2025 sollen neue Plattformen und eine Produktoffensive die Elektroambitionen wieder auf Kurs bringen. Källenius glaubt an die Vision des Massenluxus, auch wenn die aktuellen Verkaufszahlen und Zweifel an der Profitabilität einen Schatten auf diese Vision werfen.
Der Lackmustest, meint Portfolio-Manager Simon Jäger, „steht an, wenn sich die globale Konjunktur deutlich abschwächen sollte.“
Mercedes muss beweisen, dass die historisch hohen Gewinne nicht nur dem Sonderkonjunkturwind geschuldet sind. Die Börse wird genau hinsehen, ob die Sternenkraft von Mercedes weiter strahlt oder ob sich nur ein vorübergehendes Glanzlicht in der Automobilbranche abzeichnet.