23. November, 2024

Wirtschaft

Kaufprämien und Krisenplan? Frankreichs Forderung für die Industrie

Frankreichs Industrieminister Marc Ferracci fordert umfassende EU-Hilfen für europäische Hersteller – von E-Auto-Prämien bis zu Schutzzöllen für Stahl. Vor dem deutsch-französischen Wirtschaftstag in Berlin stellt Paris klare Forderungen.

Kaufprämien und Krisenplan? Frankreichs Forderung für die Industrie
Frankreichs Industrieminister Ferracci fordert EU-weit Kaufprämien für E-Autos, die europäische Hersteller bevorzugen – ein Versuch, der wachsenden Konkurrenz aus China zu begegnen.

Frankreichs Industrieminister Marc Ferracci lässt keinen Zweifel daran, was er von der EU erwartet: ein starkes industriepolitisches Signal. Die Autobranche kämpft mit chinesischer Konkurrenz, die Stahlproduktion leidet unter billigeren Importen, und Ferracci sieht die EU gefordert.

„Das europäische Modell steht auf dem Prüfstand“, betont der Minister im Vorfeld des deutsch-französischen Wirtschaftstags in Berlin.

Die europäische Autoindustrie im Überlebenskampf

In Ferraccis Augen ist die europäische Autobranche zu wichtig, um sie allein dem Markt zu überlassen. „China ist bei E-Autos längst nicht nur günstiger, sondern oft auch innovativer“, erklärt er.

Für Ferracci steht fest: Die EU muss gegensteuern, sonst droht das Fundament der europäischen Automobilindustrie zu erodieren. Eine Kaufprämie, die ausschließlich auf europäische Hersteller abzielt, könnte die Nachfrage ankurbeln und die europäischen Autobauer in der E-Mobilität stützen.

Frankreich geht bereits mit gutem Beispiel voran. In Frankreich ist der staatliche Zuschuss vom CO₂-Ausstoß der Produktion abhängig – eine Maßnahme, die chinesische Fahrzeuge ausschließt und europäische Hersteller bevorzugt.

Ferracci schlägt vor, das Modell auf die EU auszuweiten und auch bei der Elektrifizierung gewerblicher Flotten voranzugehen.

„Die Zukunft der europäischen Autobranche hängt an mutigen Entscheidungen der EU“, so Ferracci.

Stahlindustrie: Frankreich fordert Schutz

Doch nicht nur die Autobranche, auch die europäische Stahlproduktion gerät unter Druck. Ferracci fordert die EU auf, ihre Schutzzölle zu verschärfen und sich für „grüne Leitmärkte“ einzusetzen.

Die Subventionen in Ländern wie China und die niedrigen Umweltstandards treiben den Wettbewerb zu Lasten der europäischen Stahlhersteller, die inzwischen unter enormem Kostendruck stehen.

Frankreich fordert mehr EU-Mittel und denkt an europäische Anleihen für die grüne Transformation – eine Idee, die in Deutschland auf Ablehnung stößt, vor allem in der FDP.

Ferracci unterstützt den „Clean Industrial Deal“ der EU und sieht darin die Chance, Europas Stahlbranche wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu gestalten. Der Weg über grüne Märkte könne dafür sorgen, dass umweltfreundlich produzierter Stahl langfristig die Norm wird.

Geld aus Brüssel? Paris fordert, Berlin zögert

Bei der Finanzierung seiner Pläne schaut Frankreich fest auf Brüssel. Ferracci fordert die Aufstockung der EU-Mittel für die grüne Transformation und bringt auch europäische Anleihen ins Spiel, um den Industrieumbau zu finanzieren.

Doch Deutschland reagiert auf die Idee europäischer Schulden zurückhaltend. Besonders die FDP in der Ampelregierung ist strikt dagegen.


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Ein weiterer Diskussionspunkt: Frankreich wünscht, dass Atomkraft als Teil des „Clean Industrial Deal“ anerkannt wird. Ferracci betont, dass es keinen Raum für ideologische Ausschlüsse gebe, wenn Europa die Dekarbonisierung erreichen wolle.

Vor dem deutsch-französischen Wirtschaftstag: Ein Test für die Partnerschaft

Vor der Konferenz in Berlin wird Ferracci mit seinen deutschen Amtskollegen über die französischen Forderungen sprechen. Doch die Uneinigkeit in der deutschen Bundesregierung könnte die Verhandlungen erschweren. Während Wirtschaftsminister Habeck eine europäische Industriepolitik grundsätzlich befürwortet, ist der Widerstand in Berlin groß, wenn es um Schulden oder Atomkraft geht.

„Europa muss seine Industriestrategie neu denken. Der Preis der Untätigkeit ist ein schwacher Binnenmarkt,“ warnt Ferracci.