Nach der zweiten klaren Ablehnung einer weiblichen Präsidentschaftskandidatin in den USA sind die Diskussionen um die Gründe für Kamala Harris' Wahlniederlage in vollem Gange. Während einige Meinungsführer bereits Sexismus als Hauptursache ausmachen, stellt sich die Frage, ob mehr dahintersteckt. David Axelrod, politischer Kommentator und ehemaliger Wahlkampfstratege, vertritt die Meinung, dass es naiv sei, diesen Faktor in der Analyse ihrer Niederlage zu ignorieren. Ebenfalls äußerte Patti Solis Doyle, die 2008 Hillary Clintons Kampagne leitete, dass Amerika noch nicht bereit für eine weibliche Präsidentin sei. Unterdessen machen auf sozialen Medien Plattformen, wie TikTok, junge Frauen ihrem Ärger Luft und rufen zu einem feministischen Widerstand auf. Sie fordern unter anderem die Nachahmung der feministischen 4B-Bewegung aus Südkorea als Gegenreaktion auf die Stimmen junger Männer für Donald Trump. Doch trotz der lauten Kritik gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass Harris auch von strukturellen Nachteilen wie der Wahrnehmung einer angespannten Wirtschaftslage und ihrer Verbindung zu einer unbeliebten Regierung beeinträchtigt wurde. Analysen zeigen, dass Vorurteile gegenüber weiblichen Kandidaten zwar vorhanden sind, sich jedoch nicht signifikant auf das Wahlergebnis auswirken. Forschungen deuten zudem darauf hin, dass Demokraten und Frauen sogar stärker hypothetische weibliche Kandidaten unterstützen könnten. Anders als Hillary Clinton hat Harris zudem vermieden, den historischen Aspekt ihrer Kandidatur zu sehr in den Vordergrund zu stellen, was männliche Wähler abschrecken könnte. Obwohl sexistische Angriffe, wie bei Trump-Rallyes verkaufte T-Shirts mit beleidigenden Slogans, unübersehbar waren, zeigen erste Umfragen ein differenziertes Bild. Frauen stellten nicht mehr Wähler als 2020, und es gibt wenig Beweise für einen dramatischen Anstieg des Gender-Gaps. Noch überraschender ist, dass Harris Anteile bei weißen College-gebildeten Frauen gewann, während hispanische Frauen in geringem Maß abgewandert sind. Der erhoffte "Gender-Schisma" der Generation Z scheint uneindeutig. Junge Wähler beider Geschlechter neigten bei dieser Wahl in ähnlicher Weise zu Trump. Es bleibt abzuwarten, wie sich die langfristigen Dynamiken entwickeln. Klar ist jedoch, dass die jungen Generationen Harris' Niederlage nicht verhindern konnten. Ihre Betonung der wechselseitigen Unterstützung junger Frauen und Männer hat nicht ausgereicht, um die Wogen zu glätten. Die politische Bühne bleibt somit weiterhin ein intensives Spielfeld der Geschlechterfragen.