22. Dezember, 2024

US-Wahlen 2024

Kamala Harris und die Brentwood-Blase – Ein Wohlstands-Idyll in der Kritik

Was steckt hinter dieser Kritik? Ein Blick in Harris Nachbarschaft und auf die politische Realität, die Brentwood zum Politikum macht.

Kamala Harris und die Brentwood-Blase – Ein Wohlstands-Idyll in der Kritik
Harris' Haus in Brentwood wird für Kritiker zum Symbol einer abgehobenen Elite. Der Stadtteil passt nicht zum Bild einer Politikerin der Mittelschicht.

Brentwood, Los Angeles: elegante Gärten, SUVs am Straßenrand, perfekte Idylle. Hier wohnt Kamala Harris, Vizepräsidentin und demokratische Präsidentschaftskandidatin. Ihr Haus, ein geräumiger Bungalow mit Pool, liegt in einem der angesehensten Viertel der Stadt.

Doch was für Harris ein Zuhause ist, gilt für ihre Gegner als Symbol der Entfremdung. Sie sehen die Politikerin weit weg vom Alltag der amerikanischen Mittelschicht.

Das Leben im „liberalen Paradies“

„Hier leben doch bloß Ärzte, Anwälte, die liberal eingestellt sind“, beschreibt Anwohnerin Alice (35) das Viertel. Ihre Nachbarin Linda widerspricht jedoch sofort: „Das stimmt so nicht, wir sind gemischt. Harris ist indisch und schwarz, unsere Ärztin ist Latina.“

Kamala Harris, Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners, lebt seit ihrer Hochzeit hier. Der Bungalow steht für den liberalen Wohlstand Kaliforniens – und für ihre politischen Gegner symbolisiert er genau das: eine abgehobene Elite.

Ein Symbol für die Trump-Kampagne

In der öffentlichen Wahrnehmung wird Harris’ Wohnsitz zum Spiegelbild der politischen Spaltung. Donald Trump und seine Anhänger porträtieren sie als typische Vertreterin einer „liberalen Blase“, die mehr für „Political Correctness“ als für Jobs oder Inflation übrig hat.

Noch wird Harris' Haus nicht dauerhaft bewacht. Nachbarn hoffen, dass ihre Idylle bleibt – auch bei einem Wahlsieg.

Vor allem Latinos und Arbeiter sollen von Trumps Wahlkampf angesprochen werden, indem er ihre Ängste vor steigenden Preisen und Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt schürt. „Für viele ist Harris einfach zu weit weg von der Lebensrealität“, erklärt ein Republikaner, der anonym bleiben möchte.

In Los Angeles, wo Latinos die Bevölkerungsmehrheit stellen, sehen viele die Probleme, die die Demokraten nicht lösen konnten: hohe Mieten, soziale Spannungen und Obdachlosigkeit.

Und während Harris hier als Favoritin gilt, führen landesweite Umfragen unter männlichen Latinos sogar Trump als beliebteren Kandidaten an – eine deutliche Abkehr von der traditionellen Unterstützung der Demokraten.

Nachbarschaft ohne Harris? Ein seltener Gast

Linda und Alice sind glühende Anhängerinnen von Kamala Harris, doch in den Jahren ihrer Nachbarschaft haben sie Harris selbst nie gesehen. Wenn sie in der Stadt ist, ist die Straße gesperrt.

„Das heißt dann Ruhe vor Rasern und Lieferwagen“, erzählt Alice und lächelt. „Ein kleines Luxusproblem, aber uns gefällt es.“ In der Zwischenzeit wächst die Besorgnis, dass Harris' Wohnsitz die nächste Eskalationsstufe erreicht, sollte sie Präsidentin werden.

Bislang wird das Haus nicht einmal von der Polizei bewacht – für einige Nachbarn ein Pluspunkt in der Brentwood-Idylle.

Vom „California Dream“ zur sozialen Spaltung

Doch der Glanz von Brentwood steht im krassen Gegensatz zu den Herausforderungen vieler Bürger. Während die Trump-Kampagne auf die Sorgen vor Kriminalität, steigenden Lebenshaltungskosten und mangelnden Wohnungen setzt, zeigt Harris kaum Nähe zu diesen Alltagssorgen.

Diese fehlende Verbindung ist Wasser auf die Mühlen ihrer Gegner, die sie als abgekoppelt und elitär darstellen.


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Brentwood als Problem für die Demokraten?

Der Konflikt, den Harris' Wohnsitz symbolisiert, ist mehr als eine Frage des politischen Standorts. Er zeigt eine grundlegende Herausforderung für die Demokraten: die Verbindung zur Basis aufrechtzuerhalten, ohne den Rückhalt in der liberalen Elite zu verlieren.

In einem Wahlkampf, in dem Trump sich als Kandidat des „einfachen Mannes“ stilisiert, wird Harris’ Lebensumfeld leicht zur Zielscheibe. „In einer Straße voller Gärtner und Poolboys ist das Trump-Klientel schwer zu finden“, spottet ein konservativer Kommentator.

Kein Interesse an der Straße – aber an der Macht

Während Harris und ihr Mann Douglas Emhoff ihre kalifornische Verbindung pflegen, tritt sie selten vor Ort in Erscheinung. Ihre Beziehung zu Hollywood, ihren prominenten Unterstützern und ihre Spendenaktionen sind omnipräsent, aber Harris selbst bleibt distanziert.

Diese Distanzierung wird von ihrer Anhängerschaft jedoch kaum hinterfragt. Stattdessen herrscht in Brentwood fast feierliche Einigkeit: „Wir lieben Kamala“, sagt Linda ohne Zögern. Einblicke in Harris' Anwesen oder ein persönliches Gespräch? Fehlanzeige. Doch die Harris-Banner in den Vorgärten sprechen für sich.

Harris, Hollywood und das Duell mit Trump

Ob Harris’ Nähe zur kalifornischen Film- und Promiwelt ihrem Wahlkampf hilft oder schadet, bleibt offen. Sie hat Verbindungen in die Unterhaltungsbranche, der Bruder von Jimmy Kimmel wohnt nur wenige Häuser entfernt.

Doch während Harris an Galas und Events in Los Angeles teilnimmt, wächst die Kritik, dass ihre soziale Verwurzelung in Kalifornien nicht gleichbedeutend mit einer Verbindung zu den alltäglichen Sorgen der Amerikaner ist. „Natürlich ist sie populär hier in Brentwood“, räumt ein Beobachter ein. „Aber außerhalb dieser Blase gibt es eben auch ganz andere Realitäten.“