22. Oktober, 2024

US-Wahlen 2024

Kamala Harris: Der Kampf um ihre politische Identität

Die Vizepräsidentin versucht, ihre früheren Positionen und die linksliberale Vergangenheit in Berkeley abzuschütteln. Doch wie viel kostet sie dieser Wandel an Glaubwürdigkeit und Stimmen?

Kamala Harris: Der Kampf um ihre politische Identität
Die Vizepräsidentin betont ihre Verbindung zu Oakland, einer Arbeiterstadt mit afroamerikanischer Geschichte, vermeidet jedoch zunehmend die linksliberale Vergangenheit in Berkeley.

Kamala Harris, die Vizepräsidentin der USA, hat eine beeindruckende politische Karriere hingelegt. Doch mit ihrer möglichen Kandidatur für das höchste Amt im Land tauchen Fragen zu ihrer politischen Identität auf. Aufgewachsen in Berkeley, Kalifornien – einem Sinnbild für linksliberale Werte –, betont sie heute lieber ihre Herkunft aus dem benachbarten Oakland, einer Arbeiterstadt mit afroamerikanischer Geschichte.

Der Wandel in ihrer Rhetorik ist kein Zufall. Harris scheint bemüht, den linken Teil ihrer Vergangenheit und früheren Positionen abzulegen, um eine breitere Wählerschaft anzusprechen.


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Von Berkeley nach Oakland: Eine bewusste Umdeutung?

Harris’ Kindheit in Berkeley war geprägt von der akademischen Welt, in der ihre Eltern als Wissenschaftler tätig waren. Doch heute spricht sie kaum noch über diese Stadt, in der sie aufwuchs.

Stattdessen rückt sie Oakland in den Fokus ihrer Erzählung – eine Stadt, die mit einer reichen Geschichte afroamerikanischer Bürgerrechtsbewegungen verbunden ist. Pauli, eine 76-jährige Anwohnerin in Berkeley, erklärt es so: „Wir sind hier in Berkeley einfach zu links. Damit will Kamala nichts mehr zu tun haben.“

Es ist verständlich, dass Harris versucht, sich von dem Image Berkeleys zu distanzieren, einer Stadt, die in der amerikanischen Öffentlichkeit oft als Synonym für linke Politik gilt. Für Harris könnte dies in einem zunehmend polarisierten politischen Klima zu einem Problem werden, denn ihre Gegner – allen voran Donald Trump – haben bereits begonnen, sie als „linker als Bernie Sanders“ darzustellen.

Eine Umfrage zeigt, dass 25 % der Amerikaner zu wenig über Kamala Harris wissen, was ihre unscharfe politische Identität im kommenden Wahlkampf problematisch machen könnte.

Ein Wandel der Positionen

Doch es ist nicht nur ihre geografische Herkunft, die Harris umdeutet. Auch politisch hat sie sich in den letzten Jahren stark verändert. Einst galt sie als eine der progressivsten Senatorinnen im US-Kongress. Ihr Eintreten für Bernie Sanders’ staatliche Krankenversicherung und ihre Ablehnung des Frackings sind Beispiele für ihre früheren linken Positionen.

Heute jedoch klingt Harris moderater: Sie spricht sich für Fracking aus und hat die staatliche Krankenversicherung von ihrer Agenda gestrichen.

Dieser Wandel wird von ehemaligen Beratern als notwendige Anpassung beschrieben. Brian Brokaw, ihr früherer Wahlkampfmanager, betont:

„Kamala ist unideologisch. Sie kann flexibel reagieren und so eine breite Wählerschaft ansprechen.“

Doch genau das führt zu Unsicherheiten in der Wählerschaft. Laut einer Umfrage der New York Times wissen 25 Prozent der Wähler zu wenig über Harris, um sich eine Meinung zu bilden.

Die linke Vergangenheit – ein Stolperstein?

Dieser Mangel an klarer Positionierung könnte für Harris im kommenden Wahlkampf zum Problem werden. Während Trump ein gefestigtes Bild in der amerikanischen Öffentlichkeit darstellt, ist Harris für viele noch schwer einzuordnen.

Selbst in Berkeley, wo ihre politischen Wurzeln liegen, gibt es gemischte Gefühle. „Ich kann nicht sagen, wofür sie wirklich steht“, sagt Mystik, ein Ladenbesitzer in Oakland. „Manchmal habe ich das Gefühl, sie versucht, es allen recht zu machen.“