Die einstige kulturelle Perle Johannesburgs, die Hauptbibliothek der Metropole, bleibt auch nach vier Jahren Wartezeit geschlossen und entwickelt sich zum Symbol des anhaltenden Verfalls der Wirtschaftsmetropole Südafrikas.
Im Zuge der Pandemie geschlossen, sollten umfassende Restaurierungen die neorenaissance Architektur retten, doch nun wird von Behörden ein erhöhtes Brandrisiko als Grund für die verzögerte Wiedereröffnung genannt. Diese Umstände spiegeln die zahlreich ineinander verzahnten Herausforderungen Johannesburgs wider: Zehn Bürgermeister in sechs Jahren kämpften um Lösungen für Wasserknappheit, Stromausfälle und marode Infrastruktur, jedoch vergeblich, wie Kritiker bemängeln.
Lokalhistoriker und Bürger wie Flo Bird sehen die Bibliothek als Sinnbild für die Probleme der Stadtführung. Bird, die für die Wiedereröffnung des 89-jährigen Bauwerks kämpft, beschreibt die Schließung als Sinnbild verfehlter Verwaltung. Derweil betont Projektmanagerin Amogelang Kgoathe, dass die Sanierung, einschließlich Brandschutzmaßnahmen, schnellstmöglich vorangetrieben werde. Ein Etappensieg sei für Februar 2024 geplant, mit Fertigstellung im Sommer.
Auch wenn mittlerweile Zweigstellen in den Vororten entstanden sind, bleibt die Hauptbibliothek ein unverzichtbarer Anker für Bewohner des umkämpften Stadtzentrums. Ein Demonstrationszug von dutzenden Einwohnern verdeutlichte, wie sehr sie an den 1,5 Millionen historischen Büchern hängt – einem Erbe, das bis zur Apartheid zurückreicht.
Trotz der Missstände beteuern die Stadtverwaltung und die Johannesburg Development Agency, den Umbau beschleunigen zu wollen – denn der Wissensverlust schmerzt besonders die junge Generation und Forscher. Und doch kann das oppositionelle Demokratische Bündnis die gestiegenen Kosten von veranschlagten 45 Millionen Rand auf 77,8 Millionen Rand kaum nachvollziehen. Korruptionsvorwürfe werden laut, während Kgoathe verteidigt, die Aufwendungen seien vernünftig angesichts der seit 2021 gestiegenen Kosten.
Architekt Brendan Hart und Ingenieur Wynand Dreyer diskutieren angeregt über die Komplexität, das historische Erbe zu bewahren, versus die untragbare Verzögerung. Mit der Zunahme von Baudegenerationen gewann Johannesburg an globalem Einfluss, verlor jedoch auch an innerer Stärke. Ein Baurarbeiter, der mit dem Bau eines neuen Wassertanks beschäftigt ist, bringt den vielschichtigen Unmut auf den Punkt: „Wer weiß, wann es soweit ist. Die sind nie pünktlich.“