05. Januar, 2025

Politik

Joe Biden: Triumph und Tragik einer Präsidentschaft

Was bleibt vom 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten? Eine Bilanz zwischen ambitionierten Erfolgen und folgenschweren Fehlern – und einem Schatten, der auf sein Vermächtnis fällt.

Joe Biden: Triumph und Tragik einer Präsidentschaft
Biden brachte milliardenschwere Konjunkturprogramme auf den Weg und stärkte die US-Wirtschaft. Doch hohe Lebenshaltungskosten und mangelnde Kommunikation trübten die Wahrnehmung seiner Erfolge.

Drei Wochen vor seiner Amtsübergabe an Donald Trump zeigt sich Joe Biden ungewohnt still. Der Mann, der über ein halbes Jahrhundert die politische Bühne prägte, tritt am 20. Januar ab – als letzter Verteidiger der alten Weltordnung und des „Amerikanischen Jahrhunderts“.

Doch in die Geschichtsbücher wird er nicht nur mit seinen Erfolgen eingehen. Vielmehr sind es die schwerwiegenden Fehler, die seine Präsidentschaft belasten und die Welt in einem fragilen Zustand hinterlassen. Eine kritische Bilanz.

1. Fehler: Der überstürzte Afghanistan-Abzug

Der Sommer 2021 markiert den wohl schwersten Moment in Bidens Amtszeit: den chaotischen Abzug aus Afghanistan. Obwohl Berater und Kongressmitglieder eindringlich warnten, zog Biden die US-Truppen überstürzt ab.

Die Folgen waren katastrophal: Die radikalen Taliban übernahmen das Land in Rekordzeit, Hunderttausende flohen, und die Welt sah sich mit einer neuen humanitären Krise konfrontiert. Die Bilder vom Flughafen Kabul – verzweifelte Menschen, die sich an startende Flugzeuge klammern – bleiben ein Symbol für die Fehlerhaftigkeit dieser Entscheidung.

„Er wollte ein Kapitel beenden, das Amerika zu lange belastet hat. Doch stattdessen schrieb er eines der dunkelsten Kapitel der US-Außenpolitik“, analysiert ein ehemaliger Pentagon-Berater.

2. Fehler: Bidens Egotrip und die Nachfolge-Frage

Ein weiterer Vorwurf gegen Biden ist seine mangelnde Weitsicht bei der Nachfolgeplanung. Bereits in den ersten Jahren seiner Amtszeit zeigten sich deutliche Zeichen eines kognitiven und physischen Abbaus.

Dennoch hielt er an einer möglichen zweiten Amtszeit fest. Kamala Harris, die er aus strategischen Gründen als Vizepräsidentin wählte, konnte nie überzeugen – weder parteiintern noch in der Öffentlichkeit. Statt einen offenen Wettbewerb innerhalb der Demokratischen Partei zu fördern, setzte Biden auf eine „Erbfolge“, die selbst treue Parteimitglieder skeptisch machte.

Biden lieferte Waffen und Unterstützung für die Ukraine, jedoch oft zu spät. Kritiker werfen ihm vor, durch sein Zögern eine schnelle Wende im Krieg verhindert zu haben.

„Er hätte die Partei stärken können, indem er einen Kandidaten der Zukunft aufbaute. Stattdessen hinterlässt er ein politisches Vakuum“, so ein US-Politikexperte.

3. Fehler: Außenpolitisches Zögern in kritischen Momenten

Auch außenpolitisch bleiben viele Fragen offen. Bidens anfängliches Zögern in der Unterstützung der Ukraine wird als eine vertane Chance bewertet. Während Europa und die USA anfangs geschlossen hinter Kiew standen, verlor die US-Politik schnell an Klarheit. Die verspäteten Waffenlieferungen könnten die Eskalation des Konflikts begünstigt haben, meinen Kritiker.

Ähnlich unentschlossen zeigte sich Biden im Nahost-Konflikt. Obwohl er sich nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober auf die Seite Israels stellte, fanden seine Mahnungen bei Premierminister Benjamin Netanjahu wenig Gehör. Die USA, einst tonangebend in der Region, wurden zunehmend zu bloßen Vermittlern, ohne klare Linie.


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Was er richtig machte: Wirtschaftspolitik mit Weitblick

Trotz schwerer Fehler hat Biden auch Erfolge vorzuweisen. Seine wirtschaftspolitischen Maßnahmen, darunter der „Inflation Reduction Act“ und der „Chips Act“, kurbelten die Wirtschaft an und schufen zehntausende neue Arbeitsplätze.

Die USA erlebten die schnellste Erholung aller Industriestaaten nach der Pandemie. Biden stärkte zudem den Kampf gegen den Klimawandel mit ambitionierten Zielen, die Trump jedoch bereits angekündigt hat, wieder zu streichen.

„Die Konjunkturpakete haben das Land stabilisiert und eine Grundlage für die Zukunft geschaffen – doch die Ernte wird sein Nachfolger einfahren“, so ein US-Ökonom.