Zölle, Gewinne und ein chirurgisches Skalpell
Michelle Gass redete nicht um den heißen Brei herum. In einer Telefonkonferenz mit Analysten machte die Levi’s-Chefin am Montag klar, dass das Unternehmen auf die neuen US-Zölle mit gezielten Preisanpassungen reagieren werde.
„Sehr chirurgisch“, so Gass – eine Wortwahl, die erkennen lässt, wie behutsam Levi Strauss mit seinem Markenimage und der preissensiblen US-Kundschaft umgehen will.
Die Erhöhung betrifft vor allem Jeans, die aus Vietnam und Mexiko in die USA eingeführt werden – zwei Länder, die von der jüngsten Zollrunde unter Präsident Trump besonders hart getroffen wurden.
Für Vietnam gelten seit dieser Woche Einfuhrabgaben von 46 Prozent, Mexiko muss sich mit 25 Prozent neuen Zollkosten arrangieren. Die Belastung für chinesische Produkte liegt inzwischen bei über 60 Prozent – mit Aussicht auf weitere 50 Prozent, wie Trump erneut androhte.
Globale Lieferkette – plötzlich ein Risiko
Die Tatsache, dass Levi’s in 28 Ländern produziert und aus 20 davon auch in die USA importiert, war bislang ein strategischer Vorteil. Jetzt wird diese Diversifikation zur logistischen Herausforderung.
Zwar betont das Unternehmen, dass nur rund ein Prozent der US-verkauften Jeans aus China kommt, fünf Prozent aus Mexiko und ein „mittlerer bis hoher einstelliger Anteil“ aus Vietnam – doch gerade diese Herkunftsländer treffen die neuen Maßnahmen empfindlich.

Das Management hat eine Taskforce gebildet, um unterschiedliche Zoll-Szenarien durchzuspielen. Ziel: Die Preissteigerungen auf bestimmte Produkte und Märkte zu begrenzen, ohne die breite Käuferschicht zu verprellen.
Denn Levi’s verkauft nicht nur in urbanen Flagship-Stores, sondern auch in Outlet-Zentren und über Massenhändler – Kundschaft, die preissensibel ist.
Rückkehr in die Gewinnzone
Das Besondere an der aktuellen Reaktion des Markts: Die Levi’s-Aktie legte am Dienstagvormittag um fast 12 Prozent zu und notierte bei 15,10 US-Dollar – ein bemerkenswerter Kurssprung.
Offenbar trauen Anleger der neuen CEO Michelle Gass zu, die Herausforderung operativ klug zu managen. Im abgelaufenen Quartal erzielte Levi Strauss einen Gewinn von 135 Mio. Dollar – ein kräftiger Sprung gegenüber dem Verlust von 10,6 Mio. im Vorjahresquartal.
Der Umsatz stieg um 3 Prozent auf 1,53 Mrd. Dollar. Mehr als die Hälfte davon entfiel auf das US-Geschäft, das am stärksten von den Zöllen betroffen ist.
Preiserhöhungen als Luxus – oder als Notwehr?
Levi’s steht vor einem Balanceakt. Die Marke hat zwar einen gewissen Preisspielraum – doch „Pricing Power“ ist ein relativer Begriff in einer Branche, die traditionell mit Rabatten und Abverkäufen arbeitet.
Viele Analysten glauben, dass Levi’s Preiserhöhungen zumindest teilweise durchsetzen kann – allerdings nicht, ohne den Absatz im Niedrigpreissegment zu riskieren.
Zudem bleibt offen, wie nachhaltig die aktuelle Kursrallye ist. Denn Zölle auf Bekleidung verteuern nicht nur die Jeans selbst – sie erhöhen auch Lager- und Lieferkosten. Sollte der Dollar weiter schwächeln, könnten zusätzliche Wechselkursrisiken hinzukommen.
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