Preferred Networks: Die stille Revolution aus Tokio
Während NVIDIA mit seinen Grafikprozessoren die Schlagzeilen der Tech-Welt dominiert, wächst in Japan ein leiser Herausforderer heran – mit klarer Mission, tiefem technologischen Ansatz und mächtigen Unterstützern.
Preferred Networks (PFN) ist kein Unternehmen, das auf große Marketingtrommeln setzt. Dafür steht hinter dem Einhorn aus Tokio eine Vision, die den nächsten Umbruch in der KI-Industrie einleiten könnte: Künstliche Intelligenz soll nicht nur Texte schreiben oder Bilder generieren – sie soll reale Probleme lösen, mit echten Anwendungen, in physischer Umgebung.
Präzise, statt populär: Der PFN-Ansatz
Statt sich auf Konsumentenprodukte oder spektakuläre Chatbots zu fokussieren, hat PFN von Anfang an einen anderen Weg eingeschlagen. Die Schwerpunkte: Logistik, Gesundheitswesen, Robotik, Materialwissenschaft.
Also Bereiche, in denen KI bislang eher wenig Glanz erzeugt – aber enormes ökonomisches Potenzial birgt. „Wir bauen keine Hype-Produkte“, sagt Mitgründer und CEO Toru Nishikawa.
„Wir bauen Lösungen für reale Probleme.“
Und das braucht – neben Durchhaltevermögen – auch Kapital.
Das kommt unter anderem von Toyota. Der Autokonzern ist seit fast zehn Jahren strategischer Partner von PFN und investierte über 11 Milliarden Yen – umgerechnet mehr als 70 Millionen Euro – in das KI-Unternehmen.
Auch Mitsubishi, Mitsui & Co. und IIJ (Internet Initiative Japan) haben sich mit Joint Ventures an Bord geholt. So soll etwa das Lkw-Fahren revolutioniert werden – eine Branche, in der in Japan aufgrund von Demografie und Arbeitszeiten längst Notstand herrscht.

Mehr als nur Software: Der eigene Chip
Mit einem neuen Fokus auf Hardware will PFN nun noch tiefer in die Wertschöpfungskette eindringen. Im Zentrum steht die Entwicklung eigener KI-Halbleiter – ein Bereich, in dem NVIDIA weltweit die Maßstäbe setzt.
Doch genau dort sieht PFN seine Chance: „Das Design der heutigen Chips ist noch nicht am Limit“, sagt Nishikawa selbstbewusst. Preferred Networks arbeitet laut eigenen Angaben an einer neuen Generation von KI-Prozessoren, die für industrielle Anwendungen und Robotik maßgeschneidert sein sollen.
Die jüngste Finanzierungsrunde im Dezember 2024 brachte 19 Milliarden Yen – rund 120 Millionen Euro – ein. Das Ziel: Mehr Forschung, mehr Prototypen, mehr technologische Unabhängigkeit. Und mittelfristig: der eigene Börsengang.
Cloud, Chips, Plattform: Der stille Masterplan
Während westliche Tech-Giganten auf Plattformen, Werbemodelle oder Datenmonopole setzen, will PFN alles selbst bauen. Eine eigene KI-Cloud für industrielle Anwendungen? In Arbeit.
Ein eigenes Hardware-Ökosystem für autonome Maschinen? In Vorbereitung. Der Blick auf den internationalen Markt? Längst Realität. „Wir haben erkannt, dass Japan zu klein ist für das, was wir vorhaben“, sagt Nishikawa.
Mit dem geplanten Börsengang, der in drei bis fünf Jahren angestrebt wird, will PFN den nächsten strategischen Schritt gehen. Dann könnte aus dem ruhigen Einhorn eines der seltenen japanischen Tech-Unternehmen werden, das global mitmischt – nicht nur als Zulieferer oder Plattformpartner, sondern als technologische Führungsfigur.
Kein schneller Ruhm – aber nachhaltige Ambition
Preferred Networks hat ein anderes Zeitverständnis als viele Silicon-Valley-Startups. Der Weg zur Monetarisierung ist lang – oft fünf Jahre oder mehr. Der Return on Investment kommt spät, dafür aber tief. Der Fokus liegt nicht auf Skalierung um jeden Preis, sondern auf Präzision, Robustheit, Nachhaltigkeit. KI nicht als Spektakel, sondern als Infrastruktur.
Gerade in einer Welt, die sich zunehmend nach praktischen Lösungen sehnt – im Gesundheitswesen, in der Logistik, im Maschinenbau – könnte das ein entscheidender Vorteil sein. Der Hype gehört anderen. Die Substanz vielleicht bald PFN.
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