Japanische Einzelhändler, traditionell als sparsame Arbeitgeber bekannt, setzen auch in diesem Jahr auf deutliche Lohnerhöhungen. Dies verspricht einerseits mehr Geld für die Arbeitnehmer, gleichzeitig aber auch schrumpfende Unternehmensgewinne und könnte der Zentralbank Raum für weitere Zinserhöhungen geben.
In der Vergangenheit haben Japans dienstleistungsintensive Sektoren oft auf niedrig bezahlte Teilzeitkräfte gesetzt, um große Gehaltssprünge zu vermeiden. Doch der demografische Wandel und inflationsbedingte Herausforderungen erzwingen nun ein Umdenken, das den Einzelhändlern – die 10% der japanischen Arbeitskräfte beschäftigen – zunehmend zusetzt.
Laut Kazuo Ueda, dem Gouverneur der Bank of Japan, ist die Bereitschaft zur Gehaltsanpassung unter den Arbeitgebern ein Hoffnungsschimmer für eine nachhaltige Lohnentwicklung, die seit 25 Jahren stagniert. Die jüngsten Zinserhöhungen der Bank knüpfen an die Erwartung eines "freundlichen Kreislaufs" von höheren Gehältern und damit verbundenen Preisanstiegen an.
Die Gewerkschaft UA Zensen fordert für 2025 Lohnerhöhungen von 6% für Vollzeit- und 7% für Teilzeitkräfte, was über dem von der größten Gewerkschaft Rengo angepeilten Ziel von 5% liegt. Diese Bestrebungen zielen darauf ab, einen breit angelegten wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern.
Jedoch blicken Experten mit Skepsis auf diese Dynamik, da steigende Kosten für Einzelhändler und ungewisse Konsumauswirkungen zu bedenken sind. Takaharu Iwasaki, Präsident der Supermarktkette Life Corp, äußerte, dass trotz der erhöhten Belastungen durch Löhne, die Mitarbeiterbindung im Fokus steht. Auch Aeon plant, die Stundensätze für Teilzeitkräfte zu erhöhen, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.
Der Kostendruck macht sich bereits bemerkbar: Bei Life stiegen die Arbeitskosten um 7,9%, während der Nettogewinn um 3,4% sank. Aeon verzeichnete gar einen Nettoverlust im vergangenen Jahr. Die abnehmende Erwerbsbevölkerung stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.
"Es ist fraglich, ob Einzelhändler die Lohnerhöhungen auch nach diesem Jahr fortsetzen können", warnt Shinichiro Kobayashi, leitender Ökonom bei Mitsubishi UFJ Research and Consulting. Trotz der Hoffnung auf Konsumausweitung zeigt sich eine zunehmende Vorliebe der Verbraucher für preisgünstigere Angebote. Viele Arbeiter wie Miwako, eine Teilzeitkraft in einem großen Supermarkt, neigen dazu, Gehaltserhöhungen eher zu sparen als auszugeben.