16. September, 2024

Wirtschaft

Japan in der Reiskrise: Leerstände und steigende Preise

Japan in der Reiskrise: Leerstände und steigende Preise

Japan erlebt derzeit die größten Reisengpässe seit 30 Jahren, resultierend aus dem ungewöhnlich heißen Sommer. Die Regale in den Supermärkten sind leer, die Preise steigen rasant und die Regierung appelliert an die Bürger, nicht in Panik zu verfallen und Hamsterkäufe zu vermeiden.

Um die Lage zu entschärfen, haben Supermärkte die Abgabe pro Kunde auf eine Tüte Reis beschränkt. Was ursprünglich auf die wachsende Zahl Sushi-liebender Touristen, extreme Wetterbedingungen und eine jahrzehntelange verfehlte Landwirtschaftspolitik zurückzuführen war, zeigt nun gravierende Folgen auf dem Reis-Markt. Online-Bestellungen werden plötzlich storniert, oder Käufer müssen sich in „Verlosungen“ um die Lieferung ihres Reises behaupten.

Mit privaten Lagerbeständen auf dem niedrigsten Stand seit Beginn vergleichbarer Aufzeichnungen im Jahr 1999, sind die Preise für einen 5-kg-Beutel japanischen Reises auf etwa 3.000 Yen (21 US-Dollar) gestiegen – ein Anstieg von bis zu 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Shoppers wie Minami Ota aus Tokyos Stadtteil Bunkyo spüren die Auswirkungen persönlich: „Die Leute kaufen aus Panik mehr Reis, als sie je essen werden. Aber ich verstehe das.“ Nach Besuchen in vier verschiedenen Läden konnte sie schließlich einen Beutel minderwertigerem Reis ergattern.

Regierungsvertreter haben angekündigt, das Ernährungssystem Japans auf seine Belastbarkeit hin zu überprüfen. Japan deckt nur 38 Prozent seines Gesamtbedarfs durch heimische Produktion und ist im Bereich Reis weitgehend autark. Der Staat kontrolliert Importe streng und reguliert die Produktion, um Preise hoch zu halten.

Kazuhito Yamashita vom Canon Institute of Global Studies, ehemals Spitzenbeamter im Landwirtschaftsministerium, konstatiert, dass die bewusste Reduzierung der Produktion zur Preisstabilisierung Japan in eine prekäre Lage gebracht habe. „Mit anderen Politiken hätte Japan zum Reisexport-Supermacht werden können“, so Yamashita.

Ein weiterer Faktor ist der Anstieg ausländischer Besucher, der den Reisverbrauch auf 6,9 Millionen Tonnen im Jahr 2023 getrieben hat. Die Zahl der Touristen verzeichnete einen Rekordzuwachs, was den zusätzlichen Bedarf an Reis um etwa 100.000 Tonnen pro Jahr erhöht, erklärten Experten.

Die Ernte 2023 war zwar durchschnittlich, aber durch heftigen Regen und extreme Hitze teilweise unverkäuflich. Der Schaden könnte bis zu 200.000 Tonnen aus dem Kreislauf genommen haben.

Gleichzeitig sinkt die Anbaufläche für Reis. Japanische Regierungen haben ländliche Wähler durch Subventionen überzeugt, Reisfelder brachliegen zu lassen – eine Maßnahme, die durch die schrumpfende Bevölkerung und sich verändernde Essgewohnheiten gerechtfertigt wurde. Seit 2014 geben Haushalte mehr Geld für Brot als für Reis aus.

Der Reisverbrauch sinkt jährlich um etwa 100.000 Tonnen, was der staatlichen Produktionsreduktion entspricht. Doch die alternde Bauernschaft, deren Durchschnittsalter bei fast 69 Jahren liegt, sieht sich steigenden Kosten für Dünger und Energie gegenüber.

Daisuke Iijima von Teikoku Databank warnt: „Wenn die Situation anhält, könnte eine stabile Reisversorgung in der Zukunft unmöglich werden.“

Um den unmittelbaren Mangel zu lindern, wird die aktuelle Sommerernte rasch in die Läden gebracht. Experten warnen jedoch, dass dies im nächsten Sommer zu erneuten Engpässen führen könnte.