08. November, 2024

Unternehmen

Italiens UniCredit will deutsche Bankenelite schlucken

Während UniCredit den Gewinn steigert und Optimismus verbreitet, kämpft die Commerzbank mit sinkenden Zinserträgen und hohen Rückstellungen. Der mögliche Zusammenschluss bleibt in der Schwebe.

Italiens UniCredit will deutsche Bankenelite schlucken
Die Fusion zwischen UniCredit und der Commerzbank könnte Europas Bankenlandschaft grundlegend verändern. Doch sind die beiden Institute wirklich füreinander geschaffen, oder droht der Zusammenschluss zu einem kostspieligen Experiment zu werden?

Es war ein Schlagabtausch der Superlative, als UniCredit und die Commerzbank ihre neuesten Zahlen vorlegten. Dabei hätte das Bild kaum unterschiedlicher ausfallen können: UniCredit auf einem Höhenflug, die Commerzbank am Boden – zumindest ein bisschen.

Am Mittwoch gab UniCredit bekannt, die Gewinnprognose für das Jahr deutlich anzuheben. Statt der bislang angepeilten 8,5 Milliarden Euro sollen es nun über 9 Milliarden Euro werden.

Ein Grund zur Freude für die Aktionäre, die im kommenden Jahr mit noch höheren Ausschüttungen rechnen dürfen. Der Nettogewinn für das dritte Quartal lag bei 2,51 Milliarden Euro – acht Prozent mehr als im Vorjahr und über den Erwartungen. Andrea Orcel, Chef der italienischen Großbank, setzt damit ein starkes Zeichen: UniCredit ist auf Kurs und bereit für die nächsten Schritte.

Doch Orcel streckt den Bogen weiter. Der mögliche Zusammenschluss mit der Commerzbank bleibt ein Thema – ein „langer Weg“, wie er sagte, liege noch vor ihnen. Ob UniCredit die deutsche Bank tatsächlich übernehmen wird, will Orcel erst in einem Jahr entscheiden. „Wir haben klare Kriterien und streben eine Kapitalrendite von 15 Prozent an“, so der CEO. Ein Deal, wenn er denn kommt, müsse sich lohnen.

Commerzbank bleibt skeptisch

Während die Italiener frohe Botschaften verbreiten, scheint in Frankfurt die Luft raus zu sein. Die Commerzbank meldete einen Quartalsgewinn von 642 Millionen Euro – ein Rückgang von 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Ein Minus, das besonders durch sinkende Zinserträge und steigende Rückstellungen für notleidende Kredite zustande kommt. Fast dreimal so hoch wie noch vor einem Jahr liegen die Rücklagen, ein klares Signal, dass sich die Commerzbank für schwierige Zeiten rüstet.

Trotzdem: Die Jahresprognose von 2,4 Milliarden Euro bleibt bestehen, ein Hauch von Zuversicht inmitten der Herausforderungen. „Unsere Wachstumsinitiativen zeigen Wirkung“, betonte CEO Bettina Orlopp am Mittwoch und stellte klar, dass die Bank weiterhin unabhängig bleiben wolle. „Der eigenständige Weg ist der beste für Investoren, Kunden und Mitarbeiter.“

Ein Zusammenschluss mit Hindernissen

Die Idee eines Zusammenschlusses zwischen UniCredit und der Commerzbank ist nicht neu. Bereits Orcels Vorgänger Jean-Pierre Mustier hatte sich an dem Gedanken versucht, doch politische und regulatorische Hürden machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Nun, unter Orcels Führung, scheint das Vorhaben wieder an Fahrt zu gewinnen – doch auch diesmal bleiben die Herausforderungen enorm.

Seit Orcels Amtsantritt im Jahr 2021 hat UniCredit die Anleger mit einer Performance beeindruckt, die die Aktie um 230 Prozent nach oben katapultierte. Doch Orcel ist nicht dafür bekannt, überstürzte Entscheidungen zu treffen.

Der CEO, ein erfahrener M&A-Stratege, setzt auf geduldiges Abwägen und klare wirtschaftliche Vorteile, bevor er sich auf einen Zusammenschluss einlassen wird. Und so bleibt die Frage: Lohnt sich der Deal wirklich?

Die Commerzbank im Gegenwind

Für die Commerzbank ist die Lage komplizierter. Auch wenn die Bank nach außen hin Stärke demonstriert, zeigt die jüngste Entwicklung, wie fragil die Ertragslage ist.

Sinkende Zinserträge und die Notwendigkeit, Rückstellungen in Milliardenhöhe aufzubauen, könnten die langfristige Stabilität infrage stellen. Die Bank steht an einem Scheideweg: den eigenen Kurs fortsetzen und die Hoffnung auf Eigenständigkeit bewahren oder sich dem italienischen Riesen anschließen und damit eine lange Tradition aufgeben.

„Unsere Strategie zahlt sich aus,“ hält Orlopp dagegen. Doch die Märkte sind skeptisch. Ein Zusammenschluss könnte die Commerzbank stabilisieren und gleichzeitig einen wichtigen Markt für UniCredit erschließen.

Aber Orcels Ansatz ist alles andere als sentimental. Er hat klar gemacht, dass die Kapitalrendite stimmen muss – und das ist eine hohe Hürde.

Was bedeutet das für den Finanzmarkt?

Ein Zusammenschluss der beiden Banken hätte enorme Auswirkungen auf die europäische Bankenlandschaft. Als einer der größten Deals seit der Finanzkrise würde er die Kräfteverhältnisse neu ordnen und könnte zum Vorbild für weitere grenzüberschreitende Fusionen werden. Doch noch ist nichts entschieden.