In einer beispiellosen Demonstration der Einigkeit haben Israelis aus unterschiedlichen politischen Lagern auf den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Premierminister Benjamin Netanyahu reagiert. Dieser Vorfall stellt eine seltene Harmonisierung in der politisch polarisierten Nation dar. Der Haftbefehl wirft sowohl Netanyahu als auch seinem ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant vor, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Vorgehen Israels im Gazastreifen verantwortlich zu sein. Es ist das erste Mal, dass das 22 Jahre alte Gericht den Führer eines westlich unterstützten Landes zur Rechenschaft ziehen möchte. Während internationale Reaktionen gemischt ausfielen, sorgte die Entscheidung in Israel für Empörung über das, was von vielen als Angriff auf das Verteidigungsrecht des Landes interpretiert wurde. Yair Lapid, Oppositionsführer der Yesh Atid, bezeichnete die Haftbefehle als "Belohnung für Terrorismus", während Benny Gantz, Vorsitzender der zentristisch-rechten Nationalen Einheitspartei, diese als "moralische Blindheit und schändlichen Makel historischen Ausmaßes" verurteilte. Interessanterweise fordern Mitglieder von Netanyahus rechtsextremer Koalition, darunter der Nationale Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir und der Finanzminister Bezalel Smotrich, als Antwort eine Annexion des Westjordanlandes und Sanktionen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde. Innerhalb Israels gab es dennoch auch kritische Stimmen. Ahmad Tibi, ein arabischer Gesetzgeber, wies die Anschuldigungen einer antisemitischen Motivation des Gerichts zurück und postete Bilder von den Zerstörungen in Gaza. Die israelische Menschenrechtsgruppe B’Tselem sieht in den Haftbefehlen einen Tiefpunkt in der Geschichte Israels und kritisierte die Politik des Landes scharf. Trotz der Kontroversen steht die überwiegende Mehrheit der Israelis, ungeachtet ihrer Ansichten zu Netanyahu, hinter den Militäraktionen in Gaza und gegen die Hisbollah im Libanon. Die Medien des Landes haben bislang wenig über die verheerenden Auswirkungen berichtet, während Politiker die Kritik am hohen Blutzoll und die Einschätzung einer humanitären Krise vehement zurückweisen. Die internationale Gemeinschaft zeigt sich indes gespalten, und die Durchsetzung der Haftbefehle bleibt fraglich. Die Reaktionen auf die Entscheidung in Israel spiegeln sowohl den breiten Rückhalt als auch den tiefen Riss in Bezug auf Netanyahu wider.