Irland hat gewählt und das politische Ergebnis verleiht sowohl Stabilität als auch eine Prise Unsicherheit: Die amtierenden Mitte-Rechts-Parteien Fianna Fáil, geführt von Vizeregierungschef Micheál Martin, und Fine Gael, unter der Leitung von Premierminister Simon Harris, haben die Parlamentswahl gewonnen, allerdings die absolute Mehrheit nur knapp verpasst. Mit gemeinsam 86 von insgesamt 174 Sitzen fehlen ihnen lediglich zwei, um weiterhin alleine regieren zu können. Nun stehen Martin und Harris vor der Herausforderung, einen zusätzlichen Partner zu finden, um ihre Regierungsarbeit fortzusetzen. Bislang koalierten sie mit den Grünen, die jedoch bei der jüngsten Wahl nahezu alle Mandate verloren haben. Der Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit unter altbewährten Bedingungen steht wenig entgegen—dazu gehört auch das bewährte Modell, die Position des Taoiseach, des irischen Regierungschefs, zur Mitte der Amtszeit auszutauschen. In dieser spannenden politischen Gemengelage wird laut Spekulationen die Einbindung der sozialdemokratischen Parteien Labour und Social Democrats als potenzielle Partner diskutiert. Auch einige unabhängige Abgeordnete signalisieren Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Nicht zur Debatte steht hingegen eine Annäherung an Sinn Féin, die größte Oppositionskraft im Parlament mit 39 Sitzen. Beide Führungspersönlichkeiten von Fianna Fáil und Fine Gael haben eine Zusammenarbeit mit Sinn Féin entschieden abgelehnt, aufgrund ihrer historischen Verbindung zur IRA und ihrer ambitionierten Agenda zur Vereinigung mit Nordirland.