Der Druck auf die Schuldenbremse, die seit 2009 in der deutschen Verfassung verankert ist, nimmt zu, während Investoren auf eine bevorstehende Reform spekulieren. Hintergrund ist die Erwartung steigender Verschuldung durch die Bundesregierung, da sich die Märkte auf Neuwahlen vorbereiten.
In den letzten Wochen verzeichneten deutsche Anleihen einen Verkaufsdruck, der die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen erstmals über das Niveau der Zinsderivate derselben Laufzeit hob. Dieses Phänomen, laut Tomasz Wieladek von T Rowe Price, deutet darauf hin, dass Investoren mit einer Reform der Schuldenbremse durch mögliche Neuwahlen rechnen, was ein Signal für künftige Anleiheemissionen wäre.
Seit langer Zeit sind sogenannte "Swap Spreads" in Deutschland positiv, was den besonderen Status deutscher Staatsanleihen als risikofreie Euro-Referenz unterstreicht, trotz einer allgemein geringen Emissionstätigkeit des Landes. Doch dieser Status quo gerät durch den drohenden Richtungswechsel in der Finanzpolitik ins Wanken.
Das Schuldenlimit, das die Neuverschuldung auf 0,35 % des BIP beschränkt, steht im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen in Berlin. Während der Pandemie und nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs zeitweise ausgesetzt, wurde die Regel dieses Jahr wiedereingeführt. Doch der Sparkurs sorgt für Spannungen innerhalb der deutschen Regierung. Die Schuldenbremse war ein zentraler Streitpunkt, der zum Zerfall der Ampel-Koalition unter Olaf Scholz führte, nachdem Finanzminister Christian Lindner eine Lockerung verweigerte und daraufhin entlassen wurde.
Vor dem Hintergrund der baldigen Neuwahlen, die für den 23. Februar angesetzt sind, hat Friedrich Merz von der CDU erstmals angedeutet, dass eine Reform der Schuldenbremse möglich sei, wenn sie dem Fortschritt und den Investitionen, insbesondere zugunsten der kommenden Generationen, zugutekomme. Dies betonte er auf einer Wirtschaftskonferenz, wobei er klarstellte, dass die Vorstellung von unveränderlichen Regelungen innerhalb der Verfassung durchaus diskutabel sei.
Marktexperten, wie Rohan Khanna von Barclays, erkennen in dieser Entwicklung einen Wandel der deutschen Wirtschaftspolitik, die sich nun mehr an den gängigen EU-Märkten orientiert, weg von ihrem bisherigen Modell des Wachstums unter geringer Neuverschuldung.