19. September, 2024

Technologie

Intel verschiebt Chipwerkprojekte in Deutschland und Polen und plant umfassende Restrukturierung

Intel verschiebt Chipwerkprojekte in Deutschland und Polen und plant umfassende Restrukturierung

Intel hat umfassende Sparmaßnahmen und Restrukturierungen angekündigt, einschließlich einer zweijährigen Pause für geplante Chipwerke in Deutschland und Polen. Diese Maßnahmen sind Teil des Plans von CEO Pat Gelsinger, das angeschlagene Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen.

Die Ankündigung folgt auf eine entscheidende Vorstandssitzung der amerikanischen Chipfirma letzte Woche. Seit August, als Intel enttäuschende Quartalsergebnisse bekannt gab und eine erste Kürzungsrunde sowie eine Dividendenpause einleitete, sind die Aktien des Unternehmens stark gefallen.

Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Umstrukturierung des Chipbereichs in eine unabhängige Tochtergesellschaft plant Intel eine drastische Reduzierung seines Immobilienportfolios. Ungefähr zwei Drittel der globalen Büroflächen sollen bis Ende des Jahres abgebaut oder aufgegeben werden. Eine Chipfabrik in Irland, die mit Mitteln der Private-Equity-Firma Apollo gebaut wird, bleibt weiterhin das zentrale europäische Drehkreuz des Unternehmens, wie Gelsinger den Mitarbeitern mitteilte.

Die Pause des Milliardenprojekts in Magdeburg stellt einen großen Rückschlag für die deutsche Regierung unter Olaf Scholz dar, die das Projekt als die größte ausländische Investition in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands bezeichnet hatte. Zudem war die Fabrik als Schlüssel zur Verdopplung des Marktanteils der EU im weltweiten Halbleitermarkt von aktuell unter 10 Prozent auf 20 Prozent bis 2030 vorgesehen.

Einige Regierungsstellen werden Intels Entscheidung jedoch durchaus begrüßen, da Berlin dem Unternehmen Subventionen in Höhe von 9,9 Milliarden Euro zugesagt hatte, die von vielen Ökonomen als überzogen kritisiert wurden. Die finanzielle Entlastung durch die gestoppten Zahlungen könnte den deutschen Haushalt in einer ohnehin angespannten Budgetlage entlasten.

Gleichzeitig hat Intel angekündigt, einen KI-Chip für Amazon zu produzieren, basierend auf dem neuen und fortschrittlichsten "18A"-Herstellungsprozess. Beide Unternehmen werden in die Entwicklung kundenspezifischer Chips investieren. Amazon verfolgt mit seinen eigenen KI-Chips, Trainium und Inferentia, das Ziel, Kosten durch Inhouse-Designs zu senken und die Abhängigkeit vom Marktführer Nvidia zu verringern.

Marktbeobachter betonen, dass die Sicherung wichtiger Kunden für den 18A-Prozess entscheidend für Intels langfristigen Erfolg ist. Microsoft zählt zu den ersten öffentlichen Kunden dieses neuen Fertigungsprozesses. Intel-Aktien stiegen im nachbörslichen Handel um fast 9 Prozent.

Pat Gelsinger arbeitet daran, das Chipgeschäft klar vom Produktgeschäft zu trennen, um eine schlagkräftige Halbleiterfertigungseinheit in den USA aufzubauen und gegen die taiwanesische TSMC zu bestehen. Unterlagen von Anfang des Jahres offenbarten einen Verlust von 7 Milliarden US-Dollar im Chipbereich für 2023, da das Unternehmen massiv in neue Fabriken in Arizona, Ohio, New Mexico und Oregon investierte.

Die neue Governance-Struktur der Fertigungseinheit soll eigenständige Betriebsdirektoren umfassen, um wichtige Vorteile wie Flexibilität bei der Bewertung unabhängiger Finanzierungsquellen freizusetzen und die Kapitalstruktur zu optimieren. Die Bekanntgabe des 7-Milliarden-Dollar-Verlusts im April verstärkte die Sorgen um die finanzielle Gesundheit des Unternehmens angesichts des Wettbewerbs mit Nvidia und AMD im Bereich KI-Chips und PC-Chips basierend auf Arm-Architektur, die eine Herausforderung für die eigene X86-Architektur darstellen.

Gelsinger kündigte zudem eine Vereinfachung des X86-Portfolios durch interne Umstrukturierungen an. Intel ist dabei, 15.000 Stellen abzubauen und hat bereits mehr als die Hälfte dieses Ziels erreicht.

Am Montag kündigten das US-Handelsministerium und das Verteidigungsministerium zusätzliche 3 Milliarden Dollar Direktfinanzierung für Intel an, um Chipkapazitäten für das US-Militär aufzubauen. Das ergänzt eine vorläufige Vereinbarung über einen 8,5 Milliarden Dollar hohen Zuschuss und ein 11 Milliarden Dollar Darlehen aus dem im März vorgestellten Chips Act, der die heimische Chipproduktion fördern soll.

Gelsinger betonte in einer Nachricht an die Belegschaft, dass der Verwaltungsrat stark sei und dazu da sei, das Unternehmen zu Höchstleistungen anzuspornen. Die Gespräche waren seiner Ansicht nach äußerst produktiv und unterstützend.