Ein Rekordverlust und dennoch Optimismus
Intel blickt auf einen historischen Verlust: 16,6 Milliarden Dollar – die höchste Einbuße in 56 Jahren Unternehmensgeschichte. Die Umsätze sanken im vergangenen Quartal um sechs Prozent, ein Rückgang, der vor allem auf teure Restrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen ist.
Dennoch steigen die Aktien nachbörslich um bis zu zwölf Prozent. Warum? Weil Intel-CEO Pat Gelsinger den Anlegern ein ambitioniertes Sanierungsprogramm in Aussicht stellt, das das angeschlagene Unternehmen wieder in die Erfolgsspur bringen soll.
„Unsere Restrukturierung schreitet voran,“ erklärte Gelsinger den Investoren und skizzierte seine Strategie, die den Kurs für eine stabile und profitable Zukunft setzen soll.
Der Optimismus der Anleger bleibt jedoch bemerkenswert: Die Erwartungen an Intel waren ohnehin niedrig, Analysten hatten ein noch schlechteres Quartalsergebnis befürchtet. So erweist sich selbst der Schock des Rekordverlusts für die Aktie als weniger belastend.
Sanierung statt Wachstum: Intels Spardruck und der KI-Rückstand
Intels Probleme sind umfassend und tiefgreifend. Der Konzern hat den Sprung in das Wachstumsfeld der Künstlichen Intelligenz verschlafen und wurde in diesem zukunftsträchtigen Segment von Wettbewerbern wie Nvidia und AMD weit überholt. Klassische Prozessoren, Intels Kerngeschäft, haben ebenfalls an Nachfrage verloren, was die Einnahmen weiter belastet.
Im Zuge seines Sparkurses kündigt Gelsinger umfassende Einsparungen und einen Stellenabbau an. Bis 2025 sollen dadurch über zehn Milliarden Dollar eingespart werden.
„Wir haben große Fortschritte bei unserem Sparprogramm gemacht, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns,“ ergänzt Finanzchef David Zinsner.
Dieser Sparkurs trifft nicht nur Mitarbeiter und Aktionäre, sondern auch die Magdeburger Chipfabrik, deren Bau nun um zwei Jahre verschoben wird. Der Grund: fehlendes Kapital und die strategische Neuorientierung in einer kriselnden Chip-Industrie.
Übernahmegerüchte und der Ruf nach Innovation
Intel ist mit seinem Marktwert von unter 100 Milliarden Dollar zum potenziellen Übernahmekandidaten geworden. US-Medien spekulieren, ob Konkurrent Qualcomm eine Übernahme in Betracht zieht, während andere Analysten dem Chip-Konzern eher eine milliardenschwere Finanzspritze durch Investorengruppen zutrauen.
Gelsinger jedoch bezeichnet die Berichte als bloße „Gerüchte“, die ihm beim Unternehmensumbau eher hinderlich sind. Stattdessen setzt er auf Innovation und Investition in die eigene Fertigungstechnologie, insbesondere in die Prozessorarchitektur „Intel 18A“, die das Ruder herumreißen soll.
Das Ziel: Intel will zum starken Mitspieler im Bereich der Auftragsfertigung aufsteigen und Marktführer TSMC Konkurrenz machen.
„Wir sehen ein enormes Potenzial für unseren Foundry-Bereich,“ so Gelsinger.
Doch der Weg dahin ist steinig, denn TSMC, seit Jahren technologische Spitze, bringt es auf einen Marktanteil von 60 Prozent.
Ein Auf und Ab
Intel kämpft an allen Fronten: Chip-Verkäufe schwächeln, die Produktionsprobleme bei den neuen Server-Prozessoren „Granite Rapids“ erschweren die Stabilisierung der Einnahmen. Der Marktführer für Halbleiter kämpft dabei gegen einen bedrohlichen Marktanteilsverlust an, während Konkurrent AMD seine Position im Rechenzentrum- und PC-Markt ausbaut.
AMD konnte im dritten Quartal ein Umsatzplus von 18 Prozent verzeichnen, während Intel in derselben Zeit Rückgänge verkraften musste.
„Intel ist für die Zukunft nicht gut genug aufgestellt,“ kommentiert Daniel Morgan, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Synovus, und fordert, Intel solle das verlustbringende Foundry-Geschäft lieber aufgeben. Doch Gelsinger hält an seiner Vision fest und plant, den Umsatz dieses Bereichs ab 2027 zu steigern.
Magdeburg und die Rolle Deutschlands im neuen Intel-Plan
Intel hatte ursprünglich den Bau einer hochmodernen Chipfabrik in Magdeburg angekündigt und dafür Subventionen in Milliardenhöhe vom deutschen Staat zugesagt bekommen. Doch der ambitionierte Plan gerät ins Wanken. Gelsinger verschiebt den Bau vorerst um zwei Jahre – und das Projekt bleibt auch für 2026 ungewiss.
Für viele Analysten ist diese Entscheidung ein klares Zeichen dafür, dass Intels Zukunft von der Auslastung der europäischen Werke abhängt, die derzeit in Irland konzentriert werden.
„Intel hält die Investition in Magdeburg vorläufig an – das entspricht dem strategischen Wandel, auf bestehende Kapazitäten zu setzen,“ kommentiert Gelsinger, der das europäische Drehkreuz erst kürzlich mit einer Produktionsstätte in Irland erweitert hat.
Anleger zwischen Hoffnung und Zweifel
Intel steht vor einer radikalen Transformation, die auf Sanierung statt Wachstum setzt. Investoren scheinen dem CEO dennoch zu vertrauen und feiern die Versprechen auf Besserung mit einem deutlichen Kursanstieg. Doch das Risiko bleibt hoch: Kann Intel mit den zukunftsträchtigen Wettbewerbern Schritt halten und das Unternehmen stabilisieren?