Intel galt einst als unangefochtener Halbleiter-Gigant, doch die jüngste Geschichte des US-Konzerns liest sich zunehmend wie eine Sammlung verpasster Gelegenheiten und verschleppter Projekte.
Der Bau des Megawerks in Ohio, das ursprünglich bereits in diesem Jahr die Produktion aufnehmen sollte, wird nun um bis zu sieben Jahre nach hinten verschoben. Während die Aktie nach der Ankündigung überraschend im Plus notierte, bleiben die strukturellen Probleme des Unternehmens bestehen.
Vom Marktführer zum Getriebenen
Lange Zeit war Intel das Synonym für Hochleistungschips, doch mit dem Siegeszug von Smartphones und Künstlicher Intelligenz (KI) hat sich das Kräfteverhältnis in der Halbleiterbranche verschoben.
Während Konkurrenten wie NVIDIA und AMD mit innovativen Produkten den Markt dominieren, kämpft Intel damit, seine Fertigungsstrategie umzustellen und aufzuholen.
Die aktuelle Verzögerung der Ohio-Fabrik – nach der schon bekannten Verschiebung des Magdeburger Werks in Deutschland – unterstreicht ein grundlegendes Problem: Intel hat Schwierigkeiten, seine ambitionierten Expansionspläne umzusetzen. Dabei spielt nicht nur die Konkurrenz eine Rolle, sondern auch wirtschaftliche und geopolitische Faktoren.
Wirtschaftliche Unsicherheiten und hohe Kosten
Die geplante Megafabrik in Ohio war ein Prestigeprojekt, mit dem Intel seine Fertigungskapazitäten in den USA ausbauen wollte. Ursprünglich für einen Produktionsstart im Jahr 2025 geplant, wurde die Eröffnung bereits auf frühestens 2028 verschoben. Nun soll der erste Abschnitt erst 2030 fertiggestellt werden, der zweite bis 2032.
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Die Gründe sind vielfältig. Zum einen haben sich die Produktionskosten enorm erhöht. Während der Halbleitermarkt insgesamt boomt, kämpft Intel mit schrumpfenden Margen und einer nachlassenden Nachfrage in seinen Kernsegmenten – vor allem bei klassischen PC-Prozessoren. Zudem gestaltet sich die Beschaffung von Rohstoffen und Maschinen aufgrund globaler Lieferkettenprobleme schwieriger als erwartet.
Ein weiteres Problem ist die Abhängigkeit von staatlichen Subventionen. Der „Chips and Science Act“, mit dem die US-Regierung den Aufbau von Halbleiterfabriken in den Vereinigten Staaten fördern will, hat die Investitionen von Intel ursprünglich erst ermöglicht. Doch die Auszahlung der Subventionen läuft schleppend, und ohne klare Finanzierungsperspektive verschiebt das Unternehmen lieber teure Projekte.
Deutschland als weiteres Sorgenkind
Nicht nur das US-Werk ist betroffen: Auch das Milliardenprojekt in Magdeburg wird nicht wie geplant starten. Ursprünglich sollte hier ab 2028 produziert werden, doch der Konzern hat den Baubeginn bereits um zwei Jahre nach hinten geschoben.
Intel hatte sich von der Bundesregierung milliardenschwere Subventionen gesichert, doch auch hier zeigt sich ein ähnliches Muster wie in den USA: Die Kosten sind höher als erwartet, und der Konzern zögert mit der Umsetzung.
Zudem steht Intel in Deutschland vor dem Problem, Fachkräfte zu finden. Der Halbleitermarkt ist stark umkämpft, und der Konzern muss sich gegen andere Tech-Giganten behaupten, die ebenfalls nach hochqualifiziertem Personal suchen.
Warum steigt die Aktie trotzdem?
Trotz der negativen Nachrichten konnte die Intel-Aktie an der NASDAQ um 2,79 Prozent zulegen. Ein Widerspruch? Nicht unbedingt.
Anleger sehen die Verzögerungen offenbar nicht nur als Rückschlag, sondern als strategische Entscheidung, um Kosten zu senken. Statt sich durch hohe Investitionen kurzfristig zu übernehmen, setzt Intel auf eine langfristige Konsolidierung.
Hinzu kommt, dass Intel nach wie vor eine entscheidende Rolle in der Halbleiterindustrie spielt. Trotz aller Herausforderungen bleibt der Konzern einer der wichtigsten Zulieferer für PC- und Serverchips. Zudem investiert Intel massiv in die Entwicklung eigener KI-Prozessoren, um gegenüber NVIDIA und AMD wieder an Boden zu gewinnen.
Ein weiteres Argument für die Kursstabilität ist die geopolitische Lage. Die US-Regierung ist entschlossen, die Halbleiterproduktion von Asien nach Amerika zu verlagern, und Intel wird dabei eine Schlüsselrolle spielen. Selbst wenn es derzeit Rückschläge gibt, dürfte der Konzern langfristig von staatlichen Investitionen profitieren.
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