Deutschland spart – und trifft damit ausgerechnet eines der zentralen Instrumente für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Statt der benötigten 1,06 Milliarden Euro stehen 2025 nur 763 Millionen zur Verfügung.
Damit bleiben die Mittel für Sprach- und Integrationskurse ein Viertel unter dem tatsächlichen Bedarf. Volkshochschulen und Bildungsträger schlagen Alarm. Viele geplante Kurse fallen aus, tausende Teilnehmer verlieren ihre Chance auf eine bessere Zukunft – und die Wirtschaft einen dringend benötigten Talentpool.
Ein Viertel weniger Geld – ein massiver Einschnitt
Die Kürzungen kommen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Während Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ursprünglich 560 Millionen Euro zusätzlich forderte, scheiterte sie an der Haushaltsdisziplin der Koalition. Der Bundestag genehmigte lediglich 263 Millionen Euro, weit weniger als nötig.
Für die Volkshochschulen, die einen Großteil der Sprachkurse organisieren, bedeutet das Chaos. Schon jetzt müssen Träger die Hälfte der geplanten Kurse absagen. Anstatt das System weiter auszubauen, wird es zurückgefahren.
„Das ist eine gefährliche Entwicklung“, warnt Sabrina Basler vom Deutschen Volkshochschulverband (DVV). „Ohne ausreichende Sprachkenntnisse können Geflüchtete nicht arbeiten. Das bremst die Integration und den Arbeitsmarkt aus.“
Sprachkenntnisse als Schlüssel zur Arbeitsmarktintegration
Dass sich die Streichungen nicht nur auf Flüchtlinge, sondern auf den gesamten Arbeitsmarkt auswirken werden, ist absehbar. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: Wer einen Sprachkurs mit C1- oder C2-Niveau abschließt, hat eine um 21 Prozentpunkte höhere Chance auf eine feste Anstellung.
Doch die Bilanz der bisherigen Kurse ist gemischt. 2023 absolvierten zwar 135.000 Menschen aus der Ukraine einen Integrationskurs – doch weniger als die Hälfte bestand den Abschluss. 60.000 scheiterten an den Prüfungen, 16.500 brachen den Kurs vorzeitig ab. Der Bundesrechnungshof kritisiert: Das System sei ineffizient und zu teuer.
Wirtschaft warnt vor Verschwendung von Potenzial
Während sich Innen- und Finanzministerium über die Finanzierung streiten, drängt die Wirtschaft auf Lösungen. Martin Wortmann, Generalsekretär der Bildungsallianz des Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft (BVMW), sieht eine gefährliche Fehlentwicklung:
„Wir locken Fachkräfte aus Indien nach Deutschland, während Zehntausende hier lebende Geflüchtete keine Chance auf Weiterbildung haben. Das ist ein absurdes System.“
Der Mangel an Arbeitskräften wird damit unnötig verschärft. Laut Ifo-Institut droht die Zahl der Erwerbstätigen bereits ab diesem Jahr zu sinken. Ein funktionierendes Integrationssystem wäre daher nicht nur eine sozialpolitische Maßnahme, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Träger und Schulen unter Druck
Für die Sprachschulen sind die kurzfristigen Kürzungen besonders bitter. Noch im Dezember hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) signalisiert, dass 90 Prozent der gemeldeten Bedarfe gedeckt werden könnten.
Auf Basis dieser Aussage wurden Lehrkräfte eingestellt, Räume angemietet, Materialien bestellt – nun bleiben die Schulen auf den Kosten sitzen.
„Das erste Quartal ist praktisch verloren“, sagt Jeannette Langner, Geschäftsführerin des Berufsverbandes für Integrations- und Berufssprachkurse (BVIB). „Und selbst wenn später noch Mittel bewilligt werden, kann das den aktuellen Schaden nicht mehr rückgängig machen.“
Kritik aus der Opposition
Auch politisch wächst der Druck. Die CDU kritisiert, dass das Innenministerium den Bedarf unterschätzt habe. „Man hat den Haushalt künstlich niedrig angesetzt, um Einsparungen vorzutäuschen“, wirft Christian Haase (CDU) der Regierung vor. In der FDP sieht man das ähnlich: Der Fehler liege bei Faeser, die die Mittel nicht richtig eingeplant habe.
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