Rekorde sorgen für Skepsis
Der deutsche Leitindex Dax knackte im Dezember erstmals die Marke von 20.000 Punkten. Doch statt Euphorie dominierte bei Vorständen und Aufsichtsräten Zurückhaltung: Unternehmensinsider kauften im letzten Monat des Jahres deutlich weniger Aktien ihrer eigenen Unternehmen als im November.
Gleichzeitig blieben die Verkäufe auf einem außergewöhnlich hohen Niveau.
„Die Insider agieren zunehmend vorsichtiger“, analysiert Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, der monatlich das sogenannte Insiderbarometer berechnet.
Dieses fiel im Dezember um 15 Punkte auf 109 – und signalisiert damit erstmals seit vier Jahren eine neutrale Markteinschätzung. Nach Ansicht von Stotz sehen viele Insider kurzfristig keine besseren Renditechancen bei Aktien im Vergleich zu Anleihen.
Gewinnmitnahmen bei Spitzenwerten
Besonders auffällig: Große Aktienverkäufe konzentrierten sich auf die Spitzenreiter des Jahres. Siemens Energy, mit einem beeindruckenden Kursgewinn von rund 320 Prozent der stärkste Dax-Wert 2024, war im Dezember Gegenstand eines bedeutenden Insiderverkaufs.
Joe Kaeser, ehemaliger Siemens-Chef und aktueller Aufsichtsratsvorsitzender, veräußerte Aktien im Wert von 2,2 Millionen Euro.
Auch bei SAP und der Deutschen Telekom, die ihre Kurse um 69 Prozent beziehungsweise 33 Prozent steigerten, wurden im Dezember erhebliche Anteile abgestoßen. Der Dax selbst legte 2024 insgesamt um 19 Prozent zu, was diese Verkäufe als gezielte Gewinnmitnahmen einordnet.
Antizyklische Käufe dominieren
Trotz der Zurückhaltung bei Käufen fielen die Insidertransaktionen, die stattfanden, auffallend antizyklisch aus. Vorstände und Aufsichtsräte griffen bei Dax-Titeln zu, die im Jahresverlauf schwächelten.
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Unter anderem investierten Unternehmenslenker in Aktien von RWE (-30 %), Deutsche Post (-24 %), Eon (-7,5 %) und Siemens Healthineers (-2,7 %).
„Die Insider setzen auf ein Comeback dieser soliden, aber derzeit günstig bewerteten Standardwerte“, so Stotz. Antizyklisches Investieren gilt als Strategie, bei der Unternehmen mit aktuell niedriger Bewertung und soliden Fundamentaldaten langfristig profitieren könnten.
Zyklische Verkäufe bei schwächeren Werten
Nicht alle Verkäufe lassen sich mit Gewinnmitnahmen erklären. Einige Transaktionen, insbesondere bei schwächer gelaufenen Unternehmen, deuten auf zyklisches Verhalten hin.
So veräußerten Insider Aktien von Beiersdorf, die 2024 um 8,5 Prozent nachgaben, sowie des IT-Dienstleisters Cancom, dessen Aktie nach einer Prognosekürzung um mehr als 21 Prozent einbrach. Diese Verkäufe könnten als Reaktion auf eine unsichere Zukunft dieser Titel gewertet werden.