Eine bemerkenswerte Ära zeichnet sich für die Binnenschifffahrt auf dem Rhein in Nordrhein-Westfalen ab: Drei Logistikunternehmen haben damit begonnen, ihre Frachtschiffe von einer Leitzentrale in Duisburg aus fernzusteuern. Die Kapitäne, die traditionell ihre Routen vom Cockpit ihrer Schiffe aus leiten, sitzen nun vor Bildschirmen in einem Büro, um ihre Schiffe von Rotterdam bis Bonn zu dirigieren. Wie durch das belgische Technologieunternehmen Seafar bekannt wurde, hat diese zukunftsweisende Initiative jüngst mit der Inbetriebnahme seiner Zentrale am Hafen Duisburg Fahrt aufgenommen. Das innovative Konzept zielt darauf ab, den akuten Nachwuchsmangel in der Branche zu bewältigen und insbesondere durch die Möglichkeit der terrestrischen Arbeit die Work-Life-Balance für Kapitäne zu verbessern.
Die Behörden haben für diesen fortschrittlichen Schritt bereits grünes Licht gegeben und Genehmigungen für drei Binnenschiffe erteilt, die entsprechend umgerüstet wurden. Zu diesem Flottentrio zählen Schiffe der Reederei Deymann sowie der kommunalen Häfen und Güterverkehr Köln AG. Ambitionierte Pläne sehen vor, diese moderne Technologie auf weiteren Schiffen zu implementieren und die Reichweite der Fernsteuerung auf weitere Wasserstraßen, wie das nordwestdeutsche Kanalgebiet und den Mittellandkanal, auszudehnen. Die Präsenz einer herkömmlichen Bordmannschaft bleibt jedoch, insbesondere zu Sicherheitszwecken, bestehen.
Mit der Umstellung auf die Fernsteuerung reagieren die Betreiber auf die veränderten Anforderungen des Berufslebens, da Binnenschiffer herkömmlicherweise 14 Tage am Stück auf ihren Schiffen verbringen und von ihren Familien getrennt sind. Die Duisburger Zentrale schlägt hier eine Brücke zu den Vorzügen eines regulären Bürojobs und adressiert somit die Lebensentwürfe der jüngeren Generationen, erörtert Steffen Bauer, Vorstandschef der HGK Shipping.
Seafar selbst blickt bereits auf erfolgreiche Erfahrungen in Belgien zurück, wo das Unternehmen seit Jahren mehr als 30 Schiffe via Fernsteuerung navigiert. Die deutschen Binnenschifffahrtsbetriebe beobachten diese Pilotphase mit gesteigertem Interesse, nicht zuletzt weil der Fachkräftemangel schon derzeit zu ungewollten Stillständen innerhalb der Flotte führt, wie Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt, bestätigt.