Die niederländische Großbank ING verzeichnete im zweiten Quartal einen Rückgang des Gewinns um 17 Prozent, bedingt durch gestiegene Kosten und eine erhöhte Risikovorsorge. Der Überschuss reduzierte sich auf 1,78 Milliarden Euro, wie der Konzern am Donnerstag in Amsterdam bekannt gab. Steigende Personal- und Marketingausgaben belasteten das Ergebnis zusätzlich. Analysten hatten jedoch einen noch stärkeren Rückgang erwartet, was zu einer leicht optimistischen Einschätzung führte, die Aktie konnte dennoch nicht profitieren und verzeichnete einen Rückgang.
Trotz dieser Entwicklungen lag die Aktie an der Amsterdamer Börse zuletzt 2,5 Prozent im Minus und gehörte zu den Verlierern im EuroStoxx50, dem Leitindex der Eurozone. Börsenhändler sprachen von Gewinnmitnahmen. Interessanterweise liegt die ING-Aktie trotz der Verluste nach Bekanntgabe der Quartalszahlen immer noch rund ein Fünftel über dem Jahresendstand von 2023, was sie im Jahresverlauf zu einem der stärksten Standardwerte in der Eurozone macht.
Für das Gesamtjahr erwartet ING nun Einnahmen, die deutlich über 22 Milliarden Euro liegen könnten. Zuvor war ein Ertrag von rund 22 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden. Von Bloomberg befragte Experten hatten sogar einen Ertrag von 22,2 Milliarden Euro prognostiziert. Finanzvorstand Tanate Phutrakul begründete die optimistische Aussicht mit einer "starken Geschäftsdynamik und einer hohen Eigenkapitalrendite".
Auch der traditionelle Zinsüberschuss, der 2023 aufgrund steigender Zinsen kräftig zulegen konnte, hat sich stabilisiert. Zwar kann die Bank höhere Zinsen bei Krediten verlangen, muss aber ebenfalls höhere Zinsen für Einlagen zahlen, was den Gesamteffekt mindert. Um sich von den Zinseinnahmen unabhängiger zu machen, setzt die Bank daher verstärkt auf Gebühreneinnahmen. Finanzvorstand Phutrakul sieht insbesondere im Immobilienmarkt Potenzial für Wachstum im Hypothekensegment, angesichts möglicherweise sinkender Zinsen.
Die Erträge der Bank reduzierten sich im zweiten Quartal leicht auf 5,7 Milliarden Euro, da der Zinsüberschuss um sechs Prozent auf 3,8 Milliarden Euro sank. Der Provisionsüberschuss hingegen stieg um knapp zehn Prozent auf 999 Millionen Euro, was die Erwartungen der Experten im Großen und Ganzen erfüllte.
Jedoch enttäuschte die Kernkapitalquote (CET 1), da sie im Vergleich zum Vorquartal niedriger ausfiel und die Marktschätzungen verfehlte. RBC-Analystin Anke Reingen rechnet allerdings damit, dass sich der Gegenwind aus dem zweiten Quartal im laufenden dritten Quartal drehen könnte und positive Impulse zu erwarten sind.