Ein plötzlicher Inflationsanstieg kurz vor dem Jahreswechsel sorgt für Unruhe: Die Preise in Deutschland kletterten im Dezember um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Eine Überraschung, denn Experten hatten mit einem geringeren Zuwachs gerechnet. Die starke Teuerung trifft Verbraucher, Sparer und Anleger gleichermaßen – und könnte auch politische und wirtschaftliche Folgen haben.
Die Rückkehr der Inflation
Für die deutschen Haushalte hat sich die angespannte Preissituation längst im Alltag bemerkbar gemacht. Laut Destatis stiegen die Preise für Nahrungsmittel und Energie besonders stark.
Butter, Zucker und Olivenöl gehören zu den Spitzenreitern, während auch die Heizkosten weiter klettern. Hinzu kommen deutliche Preissprünge im Reise- und Transportsektor, etwa bei internationalen Flügen, die heute 70 Prozent mehr kosten als vor fünf Jahren.
Ulrike Kastens, Europa-Volkswirtin bei DWS, sieht in den aktuellen Zahlen einen Weckruf:
„Die Dezember-Inflation erinnert uns daran, dass das Inflationsproblem keineswegs gelöst ist.“
Dabei lag die durchschnittliche Inflationsrate 2024 mit 2,2 Prozent lediglich knapp über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch die beschleunigte Teuerung zum Jahresende weckt neue Sorgen.
Differenzierte Expertenmeinungen
Während einige Ökonomen wie Michael Herzum von Union Investment zur Gelassenheit raten, schlagen andere Experten Alarm. Herzum erklärt den jüngsten Preisanstieg durch statistische Basiseffekte und erwartet, dass die Inflation im ersten Quartal 2025 wieder sinkt. „Das Inflationsmonster wird zum Papiertiger“, so seine Prognose.
Ganz anders sieht das Carsten Brzeski, Chefökonom der ING. „Die Siegesfeiern waren verfrüht“, warnt er. „Wir sehen eine Rückkehr der Stagflation.“ Das gefährliche Gespenst aus Inflation und Nullwachstum bedroht insbesondere die deutsche Wirtschaft, deren Konjunktur schwächelt.
Brzeski kritisiert zudem die steigenden Kosten für Dienstleistungen und Versicherungen, die den Alltag der Verbraucher belasten.
Politische und geldpolitische Konsequenzen
Die Inflation dürfte auch den Bundestagswahlkampf 2025 beeinflussen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der Kaufkraftverlust und steigende Lebenshaltungskosten zu einem zentralen Thema werden.
Die Politik wird sich dem Druck stellen müssen, während die EZB zwischen den Lagern der „Falken“ und „Tauben“ steht: Soll die Zentralbank mit weiteren Zinssenkungen die Konjunktur stützen oder die Inflation entschiedener bekämpfen?
Die Entscheidung ist von enormer Tragweite. Zwar hat die EZB den Leitzins seit Sommer 2024 von vier auf drei Prozent gesenkt, um die schwächelnde Wirtschaft zu stabilisieren, doch eine weiter steigende Inflation könnte diesen Kurs erschweren. „Die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft könnte die geplanten Zinssenkungen bremsen“, meint Brzeski.
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Sparer im Nachteil
Für Sparer sind die aktuellen Entwicklungen keine guten Nachrichten. Obwohl Tagesgeld- und Festgeldzinsen leicht gestiegen sind, liegt die Verzinsung meist deutlich unter der Inflationsrate.
Die DZ Bank hat berechnet, dass von den 3,4 Billionen Euro, die deutsche Sparer in Bargeld oder Bankeinlagen halten, ein Großteil niedrig verzinst bleibt. Für viele Haushalte bedeutet dies einen realen Kaufkraftverlust.
Lion Hirth, Professor für Energiepolitik, sieht die finanziellen Belastungen auch im Zusammenhang mit der Energiewende. „Der Boom bei Heimspeichern hilft wenig, um Überschüsse sinnvoll zu speichern“, erklärt er. Die Verbraucher bleiben gefangen zwischen hohen Preisen und niedrigen Renditen.