07. September, 2024

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Industriepräsident äußert massive Zweifel an Gaskraftwerk-Strategie der Bundesregierung

Industriepräsident äußert massive Zweifel an Gaskraftwerk-Strategie der Bundesregierung

Industriepräsident Siegfried Russwurm hat erhebliche Bedenken zur Strategie der Bundesregierung bezüglich des Baus neuer Gaskraftwerke angemeldet. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte er, dass das Ziel der Regierung, bis 2030 eine Kapazität von 12,5 Gigawatt zu erreichen, kaum machbar sei. "Damit ist auch der vorgezogene Kohleausstieg 2030 in Gefahr", warnte Russwurm. Er betonte die Verantwortung der Bundesnetzagentur, stets ausreichende Netzkapazitäten sicherzustellen, um die Stromversorgung zu gewährleisten. Laut Russwurm müsste die Agentur deshalb die Stilllegung von Kohlekraftwerken verbieten. Die Bedingungen, unter denen Betreiber ihre Anlagen betriebsbereit halten würden, seien jedoch noch unklar. Neue Gaskraftwerke, die später auf Wasserstoff umgestellt werden können, sollen laut dem Bundeswirtschaftsministerium die Energieversorgung in Zeiten von Wind- und Sonnenflauten absichern. Diese Anlagen sollen ebenfalls zur schnellen Dekarbonisierung des Kraftwerksparks beitragen. Insgesamt sollen 12,5 Gigawatt an Kraftwerkskapazität ausgeschrieben und staatlich gefördert werden. Eine endgültige beihilferechtliche Genehmigung der EU steht jedoch noch aus. Der Bau dieser Gaskraftwerke ist auch ein zentraler Punkt für einen frühzeitigen Kohleausstieg, beispielsweise im Rheinischen Revier, der bereits auf 2030 vorgezogen wurde. Wirtschaftsminister Robert Habeck erwartet einen ähnlichen, marktgetriebenen Kohleausstieg auch in Ostdeutschland. Russwurm kritisierte jedoch die Verzögerungen bei der Kraftwerkstrategie scharf. "Das Thema wird schon fast zum Running Gag", so der BDI-Präsident. Ein längst angekündigter Kabinettsbeschluss für den notwendigen Kapazitätsmarkt sei immer noch nicht erfolgt. Der Bedarf an regelbaren Gaskraftwerkskapazitäten sei weit größer als die bisherigen Planungen der Regierung. Selbst wenn alle politischen und finanziellen Rahmenbedingungen geklärt wären, bestehe die Frage, ob die Gaskraftwerke tatsächlich gebaut werden könnten. "Ein richtig großes, wasserstofffähiges Kraftwerk gibt es bisher nirgendwo", stellte Russwurm fest. Gespräche mit Herstellern und Ingenieuren hätten ergeben, dass der Bau eines solchen Kraftwerks nur dort realistisch sei, wo eine Wasserstoffpipeline die nötigen Mengen liefern könne. Bisher sei jedoch noch kein Kraftwerk vom Prüfstand in den Praxiseinsatz überführt worden.