15. Januar, 2025

Wirtschaft

Indiens Balanceakt zwischen Protektionismus und Wirtschaftsöffnung: Annäherung an China in Sicht

Indiens Balanceakt zwischen Protektionismus und Wirtschaftsöffnung: Annäherung an China in Sicht

Der ambitionierte Plan Indiens, sich als globale Fertigungsdrehscheibe zu etablieren und somit eine praktische Alternative zu China zu werden, stößt auf politische und wirtschaftliche Herausforderungen. Die Beziehungen zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt sind seit einem tödlichen Grenzkonflikt im Himalaya im Jahr 2020 gespannt. Diese Spannungen haben den Kapital-, Technologie- und Talentfluss verlangsamt, ungeachtet des enormen Bedarfs an Elektrofahrzeugen, Halbleitern und künstlicher Intelligenz.

Die Regierung unter Premierminister Narendra Modi hat in dieser Zeit verstärkt chinesische Investitionen überprüft und damit Milliardenbeträge von Unternehmen wie BYD und Great Wall Motor abgewiesen. Diese restriktiven Maßnahmen führten auch zu zusätzlichen bürokratischen Hürden für indische Firmen mit chinesischen Anteilseignern.

Nun erwägt Neu-Delhi jedoch eine Lockerung einiger dieser Beschränkungen, da Unternehmen trotz zahlreicher staatlicher Subventionen Schwierigkeiten haben, die Produktion auszuweiten. Laut Sushant Singh, Dozent an der Yale University und ehemaliger Forscher für politische Denkfabriken in Indien, besteht die Erkenntnis, dass Indien ohne Einbindung in chinesische Lieferketten nicht an wichtigen globalen Lieferketten teilhaben kann.

Selbst Unternehmen, die Handelsbarrieren befürwortet haben, erkennen die Notwendigkeit für entscheidende Importe aus China an. Naveen Jindal, Geschäftsführer von Jindal Steel & Power und Bundesabgeordneter, unterstützt zwar Zölle auf chinesischen Stahl, sieht jedoch ebenfalls die Notwendigkeit eines pragmatischen Ansatzes im Handel.

Nach vier Jahren von Investitions- und Visabeschränkungen plant Modis Regierung, die Regularien zu überarbeiten und das sogenannte "Make in India"-Vorhaben neuen Schwung zu verleihen. Ein Regierungsoffizieller teilte mit, dass Investitionen von Firmen mit bis zu 10% chinesischer Beteiligung künftig keine Genehmigung mehr benötigen sollen. Zusätzlich ist ein Post-Investment-Monitoring-Framework geplant, um Sicherheitsbedenken entgegenzuwirken.

Analysten sehen in diesen Maßnahmen einen notwendigen Schritt, um Indien in globale Lieferketten, insbesondere in Hightech-Bereichen wie Solarzellen, Elektrofahrzeuge und Batteriefertigung, zu integrieren. Bereites wurden Visa-Beschränkungen für chinesische Ingenieure in subventionierten Sektoren gelockert, und fast 2.000 kurzfristige Visa wurden genehmigt.

Trotz der politischen Spannungen bleiben die wirtschaftlichen Verflechtungen bestehen. Indiens Importe aus China sind seit dem Grenzkonflikt um 56% gestiegen, und das Handelsdefizit hat sich auf 85 Milliarden Dollar nahezu verdoppelt. Indiens Wirtschaftsberater V. Anantha Nageswaran betonte, dass es unvermeidlich sei, dass Indien sich in die chinesischen Lieferketten einfügen müsse, und die Frage lediglich sei, in welchem Ausmaß dies durch Importe oder chinesische Investitionen geschehen solle.