Ein Flaggschiff, das Aufsehen erregt
Die Bühne in Shenzhen war perfekt inszeniert: Begeisterte Fans, ein CEO im Rampenlicht und ein Produkt, das klare Ansagen macht. Das Mate 70 Pro ist mehr als ein Smartphone – es ist Huaweis deutliche Antwort auf die jahrelangen US-Sanktionen. Der chinesische Tech-Riese zeigt damit, dass er wieder auf Augenhöhe mit Apple und Samsung agiert.
Das Besondere am neuen Gerät? Es kommt ohne jegliche US-Technologie aus. Huawei behauptet, sowohl Chips als auch Software selbst entwickelt zu haben. Diese Unabhängigkeit ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der Konzern 2019 durch US-Sanktionen beinahe aus dem globalen Smartphone-Markt gedrängt wurde.
Ein Betriebssystem mit Folgen
Doch nicht nur das Mate 70 Pro selbst sorgt für Aufsehen. Die wahre Innovation liegt in der Software: HarmonyOS Next, Huaweis neues Betriebssystem, macht das Unternehmen unabhängig von Android. Im Gegensatz zu früheren Versionen basiert Harmony Next auf einem eigenen Kernel, der keine US-Lizenzen mehr nutzt.
Die Konsequenzen sind weitreichend. Westliche App-Entwickler, die weiterhin auf dem chinesischen Markt aktiv sein wollen, müssen ihre Software für Harmony neu programmieren.
Gleichzeitig etabliert Huawei eigene Standards für die Vernetzung seiner Geräte. Das „Super Device“-Ökosystem verbindet Smartphones, Fernseher und Smart-Home-Geräte – ein geschlossener Kreislauf, ähnlich wie Apples AirPlay und HomeKit, aber vollständig in chinesischer Hand.
Wachstum trotz Blockaden
Die USA hatten gehofft, Huawei durch ihre Sanktionen dauerhaft zu schwächen. Doch der Konzern zeigt eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit. Nach einem dramatischen Einbruch der Smartphone-Verkäufe hat Huawei andere Geschäftsfelder massiv ausgebaut.
Heute ist der Konzern Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern und bietet deutlich günstigere Preise als seine westlichen Konkurrenten.
Auch im Automobilsektor expandiert Huawei aggressiv: Mit einer eigenen Elektroauto-Plattform arbeitet der Konzern eng mit chinesischen Herstellern zusammen. Zudem bleibt Huawei im Bereich der Netzwerk-Technik ein dominanter Akteur.
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Trotz internationaler Bemühungen, die 5G-Technologie aus Mobilfunknetzen zu verbannen, ist das Unternehmen in Asien, Afrika und Südamerika weiterhin Marktführer.
Chips: Die letzte Schwachstelle
Trotz aller Erfolge gibt es eine Achillesferse: fortschrittliche Chips. Die US-Blockaden verhindern, dass Huawei auf modernste Halbleitertechnologie zugreifen kann.Weder kann der Konzern bei taiwanesischen Auftragsfertigern wie TSMC einkaufen, noch hat er Zugang zu Lithografie-Maschinen des niederländischen Herstellers ASML.
Dieser technologische Rückstand ist spürbar. Analysten gehen davon aus, dass Huawei im Bereich der Chipfertigung etwa acht Jahre hinter führenden Unternehmen wie Samsung oder Qualcomm zurückliegt. Ob China diesen Rückstand mit eigenen Forschungsinitiativen aufholen kann, bleibt ungewiss. Erste Ansätze, etwa durch Nano-Druck-Verfahren, zeigen jedoch, dass Huawei auch hier nicht aufgibt.