Von der großen Vision zum großen Scheitern
Es sollte der erste Schritt in eine Zukunft ohne Smartphones werden: Das KI-gestützte Wearable „AI Pin“ von Humane versprach, den Bildschirm überflüssig zu machen und stattdessen Sprache, Kamera und Projektionstechnologie für die Interaktion mit der digitalen Welt zu nutzen.
Doch aus der Revolution wurde eine Enttäuschung. Nach schlechten Rezensionen, massiven Softwareproblemen und schwachen Verkaufszahlen musste das Startup der Ex-Apple-Manager Imran Chaudhri und Bethany Bongiorno jetzt die Notbremse ziehen.
Die bereits verkauften Geräte funktionieren nur noch bis Ende des Monats – und Humane wird für einen Bruchteil seines einstigen Wertes an HP verkauft.
HP sichert sich Patente und KI-Know-how
Für 116 Millionen Dollar übernimmt HP einen großen Teil der Assets von Humane, darunter rund 300 Patente und das Betriebssystem des AI Pins, CosmosOS. Damit legt HP den Grundstein für sein neues Innovationslabor HP IQ, das sich künftig verstärkt mit KI-gestützten Nutzerschnittstellen beschäftigen soll.
Ein kluger Schachzug? Zumindest hat HP einen günstigen Preis bezahlt. Humane hatte in der Vergangenheit rund 230 Millionen Dollar an Investorengeldern eingesammelt und zeitweise versucht, einen Käufer für eine Bewertung von bis zu einer Milliarde Dollar zu finden. Doch nach dem verpatzten Marktstart war dieser Traum endgültig geplatzt.
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Warum der AI Pin scheiterte
Die Idee eines tragbaren KI-Assistenten, der den Nutzer überall begleitet, ist nicht grundsätzlich falsch. Doch Humane machte mehrere entscheidende Fehler:
- Technische Schwächen: Die Software war langsam, die Kameraerkennung fehlerhaft, und die Sprachsteuerung funktionierte nur eingeschränkt.
- Mangelnde Alltagstauglichkeit: Die Bedienung per Handgesten und Sprachkommandos erwies sich in vielen Situationen als unpraktisch – besonders in lauten Umgebungen.
- Unattraktives Geschäftsmodell: Für 699 Dollar bekamen Käufer ein unfertiges Produkt, das zudem ein Abo-Modell mit monatlichen Kosten voraussetzte.
- Schlechte Rezensionen: Tech-Experten wie YouTube-Star Marques Brownlee zerrissen den AI Pin in der Luft – und das kostete Humane jede Chance auf eine Trendwende.
Schon wenige Wochen nach dem Launch versuchte das Unternehmen, einen Käufer zu finden. Doch Investoren, die einst auf eine große Zukunft spekuliert hatten, erlebten einen Totalverlust.
Was hat HP vor?
Der Kauf von Humane ist für HP nicht einfach eine Rettungsaktion für gescheiterte Gründer. Vielmehr geht es um die Weiterentwicklung von KI-gestützten Assistenzsystemen, die vielleicht nicht das Smartphone ersetzen – aber in bestimmten Bereichen ergänzen könnten.
Der Fokus liegt dabei auf dem Betriebssystem CosmosOS und den Patenten, die sich um Gestensteuerung, optische Sensoren und KI-Assistenzsysteme drehen. HP will mit diesen Technologien künftig möglicherweise eigene Wearables oder erweiterte Mensch-Maschine-Schnittstellen für Laptops und andere Geräte entwickeln.
Ein Übernahmepreis mit Signalwirkung
Dass HP nur 116 Millionen Dollar für Humane bezahlt, zeigt, wie rücksichtslos der Markt mit gescheiterten Visionen umgeht. Noch vor wenigen Monaten hatte das Unternehmen versucht, sich als Milliarden-Exit zu verkaufen – nun ist der Deal kaum mehr als ein Notverkauf.
Für die Käufer des AI Pins ist es ein bitteres Ende: Humane erstattet nur den Kunden ihr Geld zurück, die das Gerät nach dem 15. November 2024 erhalten haben. Alle anderen bleiben auf ihren Ausgaben sitzen.
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