28. Februar, 2025

Politik

Historischer Polit-Pakt: ÖVP, SPÖ und Neos regieren gemeinsam

Zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs schmieden drei Parteien eine Koalition. Die Regierungsbildung kommt nach turbulenten Wochen überraschend schnell – doch hält das Bündnis auch langfristig?

Historischer Polit-Pakt: ÖVP, SPÖ und Neos regieren gemeinsam
Noch vor wenigen Wochen galt eine ÖVP-FPÖ-Koalition als wahrscheinlich. Doch interne Konflikte und strategische Bedenken führten zum abrupten Ende der Gespräche – und zur überraschenden Wende hin zu einer Dreier-Koalition mit SPÖ und Neos.

Ein Dreier-Bündnis für Österreich

Österreich bekommt eine neue Regierung – und es ist eine, die es so noch nie gegeben hat. Die konservative ÖVP, die sozialdemokratische SPÖ und die wirtschaftsliberalen Neos haben sich auf ein gemeinsames Regierungsbündnis geeinigt. Heute um 11 Uhr sollen die Details des Koalitionsvertrags bei einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt werden.

Es ist der zweite Anlauf: Erst im Januar waren ähnliche Gespräche gescheitert, doch nach dem Ende der Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ nahm Kanzlerkandidat Christian Stocker (ÖVP) rasch wieder Gespräche mit SPÖ und Neos auf. Innerhalb weniger Tage wurde nun ein Regierungsprogramm erarbeitet – eine bemerkenswerte Geschwindigkeit für österreichische Verhältnisse.

„Wir haben in den letzten Tagen intensiv gearbeitet, um eine stabile und zukunftsorientierte Regierung aufzustellen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Parteien. Doch ob diese Koalition wirklich stabil ist oder nur ein pragmatisches Zweckbündnis, wird sich erst noch zeigen.

Warum die ÖVP sich von der FPÖ abwandte

Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als würde Österreich von einer schwarz-blauen Regierung aus ÖVP und FPÖ geführt werden. Doch die Verhandlungen scheiterten – offiziell an „unüberbrückbaren Differenzen“, inoffiziell wohl auch an taktischen Überlegungen innerhalb der ÖVP.

Erstmals in der Geschichte Österreichs bilden drei Parteien gemeinsam eine Regierung. Während ÖVP, SPÖ und Neos von Stabilität sprechen, sind die inhaltlichen Differenzen erheblich – vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Die rechtspopulistische FPÖ war Umfragen zufolge zwar die stärkste Kraft, doch Kanzler hätte Stocker von der ÖVP gestellt – und er hätte in der Koalition mit der FPÖ wenig Gestaltungsspielraum gehabt.

Die Entscheidung für eine Dreier-Koalition mit der SPÖ und den Neos wirkt daher nicht nur wie eine inhaltliche, sondern auch eine strategische Neuorientierung. Die ÖVP sichert sich mit dem Bündnis das Kanzleramt, während die SPÖ nach Jahren in der Opposition wieder Regierungsverantwortung übernimmt.

Für die Neos ist es der erste Eintritt in eine Bundesregierung – eine Chance, aber auch ein Risiko, als kleiner Partner zwischen den beiden großen Parteien zerrieben zu werden.

Parteibasen müssen noch zustimmen

Ganz sicher ist das Bündnis noch nicht: Am Freitag beraten die Parteigremien von ÖVP und SPÖ über die Koalitionsvereinbarung, die Neos lassen ihre Mitglieder am Sonntag abstimmen. Erst wenn alle Seiten grünes Licht geben, könnte die neue Regierung am Montag vereidigt werden.

FPÖ-Chef Herbert Kickl kündigt einen „harten Oppositionskurs“ an. Die Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos wird sich nicht nur gegen interne Spannungen behaupten müssen, sondern auch gegen eine erstarkende rechte Opposition.

Besonders in der SPÖ gibt es kritische Stimmen. Die Partei hatte lange gefordert, die ÖVP nach den Jahren der türkis-blauen Regierungen in die Opposition zu schicken. Dass sie nun selbst mit der ÖVP koaliert, könnte innerparteilichen Widerstand hervorrufen.

Auch für die Neos ist es ein Balanceakt. Die Partei will als wirtschaftsliberale Kraft sichtbar bleiben, darf sich aber nicht in den Schatten der großen Koalitionspartner stellen.

Kann das funktionieren?

Die Herausforderungen für das Dreier-Bündnis sind gewaltig. In wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen liegen ÖVP, SPÖ und Neos oft weit auseinander.

Während die SPÖ höhere Sozialausgaben fordert, pochen die Neos auf eine restriktive Budgetpolitik. Die ÖVP steht irgendwo dazwischen und wird als Kanzlerpartei die Richtung vorgeben müssen.

Auch in der Migrationspolitik gibt es Differenzen. Während die ÖVP eher restriktive Maßnahmen befürwortet, verfolgt die SPÖ einen sozialpolitischen Ansatz, und die Neos setzen auf wirtschaftsfreundliche Zuwanderung. Die Frage ist, ob sich diese unterschiedlichen Positionen über eine gesamte Legislaturperiode hinweg vereinbaren lassen.

Die FPÖ in der Opposition – ein politischer Stresstest

Die FPÖ, die ursprünglich als Koalitionspartner gehandelt wurde, dürfte sich in der Opposition auf eine harte Konfrontationsstrategie einstellen. Besonders in der Migrations- und Sozialpolitik wird sie gegen die Regierung mobilisieren. Schon jetzt spricht FPÖ-Chef Herbert Kickl von einer „Koalition der Wahlverlierer“.

Diese neue politische Konstellation stellt Österreichs Parteienlandschaft vor einen Test. Die FPÖ wird versuchen, sich als „wahre Alternative“ zu inszenieren, während die Regierung zeigen muss, dass sie trotz ideologischer Unterschiede handlungsfähig ist.

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