Die Debatte im britischen Unterhaus wurde von einer ungewöhnlichen Stille begleitet, als die Abgeordneten über die Legalisierung der Sterbehilfe abstimmten. Die emotionale Entscheidung für das Gesetz wurde mit 330 zu 275 Stimmen getroffen – ein bedeutsames Ergebnis, das ein neues Kapitel in der sozialen Geschichte Englands und Wales' einleitet.
Kim Leadbeater, Labour-Abgeordnete und Initiatorin des Gesetzentwurfs, gestand überwältigt den Moment des Triumphs, obwohl sie damit eine heikle und tiefgreifende moralische Frage auf die politische Bühne brachte. Der Entwurf erlaubt unheilbar kranken Erwachsenen, unter strengen Voraussetzungen, die legale Option zur Beendigung ihres eigenen Lebens.
Die Debatte verlief parteiübergreifend und brach alte politische Grenzen auf: Politiker wie der aktuelle Premierminister Sir Keir Starmer und sein konservativer Vorgänger Rishi Sunak zeigten Unterstützung. Doch auch Stimmen der Besorgnis fanden Gehör: Über die Definitionen und Maßnahmen der vorgesehenen Sicherungsvorkehrungen wird weiterhin intensiv diskutiert.
Insbesondere behindertenpolitische Aktivisten und kritische Konservative zeigten sich skeptisch. Der konservative Abgeordnete Danny Kruger bezeichnete die Entscheidung als enttäuschend und bemängelte zahlreiche Schwächen im Gesetzesentwurf. Auch die ehemaligen konservativen Minister wie Andrew Mitchell öffneten sich und stimmten für den Entwurf, unter dem Eindruck persönlicher Erlebnisse mit sterbenskranken Wählern.
Der Gesetzentwurf wird nun weiter geprüft und bearbeitet, nicht zuletzt durch Expertenmeinungen in den Ausschüssen des Unterhauses und anschließend im Oberhaus, bevor eine endgültige Entscheidung ansteht. Premierminister Starmer wies seine Minister an, intensiv mit dem Entwurf zu arbeiten, um eine tragfähige Lösung für die Sterbehilfe im britischen Gesundheitswesen zu entwickeln.
Während Ärztegewerkschaften organisatorische und finanzielle Trennungen zum NHS fordern, bleibt die Frage offen, wie ein solches System umgesetzt werden kann, ohne bestehende Herausforderungen der Gesundheitsversorgung zu verschärfen. Insbesondere die Forderung nach verbesserten Palliativdiensten im NHS wird mittlerweile laut.
Das Gesetz sieht vor, dass jeder Antragsteller seinen Todeswunsch zweimal bestätigt und von zwei unabhängigen Ärzten bewertet wird. Zudem darf kein Arzt zur Teilnahme verpflichtet werden. Selbstbestimmtheit steht im Zentrum des Entwurfs und soll durch rechtliche Überprüfungsverfahren zusätzlich abgesichert werden.
Mit diesen Weichenstellungen schmiedet das britische Parlament an einem epochalen Wandel, dessen Erfolgsbilanz stark von der Umsetzung der neuen Regelungen abhängen wird.