30. Oktober, 2024

Wirtschaft

HelloFresh verzeichnet nach überraschender Ausblicksenkung höchsten Kursverlust in der Unternehmensgeschichte

HelloFresh verzeichnet nach überraschender Ausblicksenkung höchsten Kursverlust in der Unternehmensgeschichte

HelloFresh, der Kochboxenversender, erlebte am Donnerstag den höchsten Kursverlust in seiner Unternehmensgeschichte aufgrund einer überraschenden Ausblicksenkung. Zum Handelsschluss verzeichnete die Aktie einen Abschlag von 22,4 Prozent auf 15,915 Euro, wodurch sie das Schlusslicht im MDax, dem Index der mittelgroßen deutschen Unternehmen, bildete. Die Kürzung der Jahresziele kurz nach der Vorlage der Quartalszahlen führte zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit am Markt. Das Unternehmen gab an, dass es Probleme in seinem wichtigsten Einzelmarkt, den USA, gibt. Dies umfasst unter anderem überraschend niedrige Neukundenzahlen in wichtigen Wochen des aktuellen Quartals, einschließlich der Tage um das US-Erntedankfest (Thanksgiving). Darüber hinaus hat das Unternehmen mit anderen Herausforderungen zu kämpfen. In Arizona dauert die Inbetriebnahme des neuen Produktionsstandorts länger als geplant. HelloFresh plant dort die Herstellung von Fertiggerichten und setzt große Hoffnungen in die sogenannte Ready-to-Eat-Produktlinie, die bis 2025 das größte Standbein des Unternehmens werden soll. Die Wasserknappheit im Wüstenstaat sowie Personalmangel erschweren jedoch die Produktionsprozesse. In Illinois dauerte die geplante Wartung einer Produktionsstätte ebenfalls länger als erwartet. Die Analystin Nizla Naizer von der Deutschen Bank kommentierte die Prognosesenkung mit den Worten: "Nicht das vierte Quartal, das wir erwarteten hatten." Obwohl die Gründe für die Kürzung der Prognose eher vorübergehend seien, wolle sie lieber abwarten und strich daher ihre Kaufempfehlung. Sie stuft die Aktie nunmehr mit "Halten" ein. William Woods vom Analysehaus Bernstein Research ist deutlich skeptischer und stuft die Papiere als "Underperform" ein. Es sei schwierig zu glauben, dass die Gründe für die Reduzierung der Jahresziele nicht schon vor einigen Wochen bei der Quartalsbilanz erkennbar gewesen seien. Das Management von HelloFresh habe zwar zugegeben, dass das Geschäft mit Kochboxen in den USA schwächelt, doch Woods glaubt, dass dies ein strukturelles Problem sei. Der Markt sei gesättigt und die Kunden wechselten häufig. Daher gestalte sich das Geschäftsmodell insgesamt schwierig, was sich auch im Jahr 2024 zeigen werde. Auch Thomas Maul von der DZ Bank stellt die Frage, ob die Schwäche bei der Neukundengewinnung in den Vereinigten Staaten strukturell bedingt ist oder nur auf das eingetrübte Konsumklima zurückzuführen ist. Als Risiko in einem wettbewerbsintensiven Markt sieht er vor allem steigende Kundenakquisitionskosten. Seit dem Jahreshoch im September 2021 von 34,36 Euro hat die HelloFresh-Aktie mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. Das Minus für das Jahr 2023 spiegelt nahezu den heutigen Tagesverlust wider. Während der Corona-Pandemie waren Essenslieferanten wie HelloFresh bei Anlegern sehr beliebt. Da Restaurants geschlossen waren und die Menschen zuhause blieben, bestellten sie fertige Mahlzeiten oder kochten selbst. Der Aktienkurs stieg entsprechend an - von weniger als zehn Euro vor der Pandemie auf fast 100 Euro im November 2021. Der bisher höchste Kursverlust von 15 Prozent datiert jedoch bereits ein Jahr früher, als es Neuigkeiten über den ersten wirksamen Corona-Impfstoff von Biontech aus Mainz gab.