Kaum eine Empfehlung wird bei sommerlicher Hitze häufiger ausgesprochen als die, nasse Handtücher aufzuhängen. Doch laut Dr. Oliver Opatz von der Berliner Charité bringt das wenig. In Berlin setzt er stattdessen auf Ventilatoren, und bei Forschungsreisen nach Afrika duscht er vor dem Schlafengehen und trägt Leinenkleidung - notfalls auch feucht. Opatz untersucht am Institut für Physiologie der Charité, wie der Mensch extreme Umwelten wie den Weltraum oder Wüsten bewältigt.
Die im Rahmen des Klimawandels steigenden Temperaturen wirken sich bereits merklich auf die Gesundheit vieler aus, betont Opatz. Besonders in heißen Sommern stieg die Arbeitsbelastung in der Rettungsstelle der Charité. Hitze verschärft häufig bestehende Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Probleme, Nierenerkrankungen oder COPD, erklärt er.
Menschen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) haben ohnehin Schwierigkeiten, ausreichend Luft zu bekommen. Bei großer Hitze verschärft sich diese Problematik, was zu einem belastenden Teufelskreis führt. Auch Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschlimmern sich bei extrem hohen Temperaturen durch gestörte Flüssigkeitszufuhr und Überlastung des Herzens.
Eine Studie im "European Heart Journal" verdeutlicht zudem die nervösen und neurologischen Risiken: Steigende nächtliche Temperaturen erhöhen die Gefahr eines Schlaganfalls. Daneben verursacht Hitze häufiger Delire, Verwirrtheitszustände durch Flüssigkeitsmangel, was vor allem ältere Menschen betrifft.
Die betrachtete Hitze trifft verstärkt vulnerable Bevölkerungsgruppen. Ältere Menschen zeigen aufgrund des biologischen Alterns größere Anfälligkeit, ungeachtet ihres tatsächlichen Alters. Auch Menschen mit chronischen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Rückenmarksverletzungen leiden gravierend unter Temperaturanstiegen.
Oliver Opatz berichtet zudem von unzureichend an die Hitze angepasster Medikation bei vielen Patienten, was deren Gesundheitszustand weiter destabilisiert. Ein Mangel an Ärzten verschärft die Situation, insbesondere in ländlichen Gebieten. Smartphone-Apps könnten bald Abhilfe schaffen.
Neben physischen erzeugt die Hitze auch psychische Belastungen. Hitzebedingte Schlaflosigkeit führt zu einer erhöhten Reizbarkeit und Konfliktneigung, erklärt Opatz. Dabei steigen in Hitzewellen auch Frühgeburtenrate, so Forschungsergebnisse vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Angesichts zunehmender Hitzewellen – jährlich zwei bis drei, mit prognostizierten sechs pro Jahr bis Ende des Jahrhunderts – ist die Forderung nach Hitzeschutzmaßnahmen laut geworden. Vertreter des Gesundheitswesens und Umweltexperten wie Martin Herrmann von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) verlangen gesetzliche Regelungen, um auf die steigenden Hitzetodesfälle, letztes Jahr etwa 3200, zu reagieren.