Fred Orsita legt einen schmalen Klebestreifen an seine Wange, zieht ihn vorsichtig ab und schiebt die Probe in ein futuristisches Gerät: den „Cell BioPrint“ von L’Oréal. Innerhalb weniger Sekunden erscheinen die Ergebnisse auf einem Tablet.
Das biologische Alter seiner Haut, Fettgehalt, Porengröße – alles wird detailliert analysiert. „Die Haut ist unser größtes Organ und ein wesentlicher Faktor für unser Wohlbefinden“, erklärt Orsita, Leiter der Innovationsabteilung bei L’Oréal.
Mit Geräten wie dem Cell BioPrint betritt die Kosmetikindustrie Neuland. Klassische Cremes und Make-up dominieren zwar noch die Regale, doch der technische Fortschritt zwingt die Branche zum Umdenken.
Die weltweit größte Technikmesse CES in Las Vegas hat gezeigt: Schönheit wird digital – und personalisierter denn je.
Kosmetik auf Knopfdruck
Die neue Strategie der Branche lautet: Daten sammeln, analysieren und personalisierte Lösungen anbieten. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Kosmetik und Technologie.
Neben L’Oréal mischen auch Tech-Giganten wie Samsung mit. Ihr „Micro-LED Beauty Mirror“ soll beispielsweise die Beratung bei der Kosmetikerin ersetzen. Der Spiegel scannt das Gesicht, analysiert Falten, Poren und Pigmentflecken und schlägt Produkte vor, die genau auf den Hauttyp abgestimmt sind. Entwickelt wurde der Spiegel in Zusammenarbeit mit der südkoreanischen Kosmetikmarke Amorepacific.
Auch L’Oréal denkt weiter: Der sogenannte „Mood Mirror“ ist eine App, die anhand von Gesichtsausdrücken wie einem Lächeln oder einer Stirnfalte analysiert, wie zufrieden ein Nutzer mit seinem Make-up ist. Ziel ist es, Make-up-Empfehlungen zu individualisieren – angepasst an Stimmung und persönliche Vorlieben.
Zukunftsmarkt Beauty-Tech
„Die Kosmetikindustrie steht unter Druck, sich zu erneuern“, sagt Leif Lindner, Chef der deutschen Technikmesse IFA. Trotz eines Marktwachstums von zehn Prozent im Jahr 2023 sei dieses vor allem auf Preiserhöhungen zurückzuführen, wie eine Analyse der Beratungsfirma McKinsey zeigt. „Wenn die traditionelle Beauty-Branche nicht aufholt, wird es kritisch.“
Neue Player drängen bereits auf den Markt: Unternehmen wie SharkNinja haben innovative Produkte wie Hautmasken mit LED- und Kühltechnologie entwickelt. Diese könnten den Einsatz von Cremes und Lotionen drastisch reduzieren. „Das ist kein Gimmick. Diese Technologien haben das Potenzial, die gesamte Branche zu verändern“, so Lindner.
Verbraucher bleiben skeptisch
Doch trotz der technischen Innovationen steht die Branche vor einem großen Problem: Vertrauen. Vor allem Frauen, die Hauptzielgruppe der Kosmetikindustrie, zeigen sich zurückhaltend. Eine Umfrage der Beratungsfirma Deloitte zeigt, dass nur 43 Prozent der Frauen bereit sind, Gesundheitsdaten von smarten Geräten an Anbieter weiterzugeben.
„Der Gedanke, dass meine Hautdaten irgendwo gespeichert und analysiert werden, fühlt sich unangenehm an“, sagt Anne Schröder, 34, Marketingmanagerin aus Hamburg. Experten sind sich einig: Unternehmen müssen Wege finden, um Datenschutzbedenken zu entkräften.
Ein Blick nach vorne
Trotz der Skepsis bleibt die Branche optimistisch. L’Oréal plant, den Cell BioPrint noch in diesem Jahr in Boutiquen und Fachgeschäften zu testen. Ziel ist es, Hautpflege nicht nur individueller, sondern auch einfacher zu machen.
Fred Orsita sieht in der Technologie großes Potenzial. „Die Haut ist sensibel – nicht nur physisch, sondern auch emotional. Wir wollen Menschen helfen, sich in ihrer Haut wohler zu fühlen.“ Ob die Verbraucher diese Hilfe annehmen, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Die Zukunft der Schönheit wird digital.
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