Donald Trump scheint entschlossen, die Handelspolitik erneut aufzumischen. Noch bevor er das Weiße Haus wieder betritt, verkündete der designierte US-Präsident überraschend auf sozialen Medien die Einführung eines zusätzlichen 10%-Zolls auf chinesische Waren. Erschütterung lösten jedoch seine Pläne aus, Kanada und Mexiko mit drastischen 25%-Zöllen zu belegen, es sei denn, sie unternehmen entschiedene Maßnahmen gegen den illegalen Drogen- und Migrantentransport über die Grenze. Diese protektionistischen Maßnahmen dürften vor allem den US-Verbrauchern schaden, denn die nordamerikanischen Lieferketten sind eng verflochten. Letztes Jahr überquerten Waren im Wert von fast einer Billion Dollar die Grenzen zu Kanada und Mexiko. Die Hälfte der Obst- und Gemüseversorgung Amerikas stammt von diesen Nachbarländern. Ebenso werden mehr als die Hälfte der in den USA verkauften Pick-up-Trucks von und Stellantis in Kanada oder Mexiko produziert. Kein Wunder, dass die Aktienkurse dieser Unternehmen nach Trumps Ankündigung um 9% bzw. 5% fielen. Goldman Sachs prognostiziert, dass die Zölle die Kernverbraucherpreise um bis zu 0,9% ansteigen lassen könnten. Die Unsicherheiten über Trumps Absichten, ob als rein taktisches Druckmittel oder tatsächliche Hinwendung zu Wirtschaftsnationalismus, bleiben bestehen. Zwar hatte er bereits eine 'wunderbare Unterhaltung' mit Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum, doch bleibt abzuwarten, ob die Drohungen ähnlich wie 2019 verpuffen. Die Mäßigung seiner ersten Amtszeit ging unter anderem vom Kabinett und den Aktienmärkten aus, die er als Gradmesser für öffentliche Zustimmung schätzte. Dieses Mal hat sich Trump jedoch offenbar einen Wirtschaftsrat ausgesucht, der Verhandlungen über harte Zölle vorzieht. Sowohl Scott Bessent als auch Howard Lutnick, seine Ernennungen für den Finanz- und Handelsminister, stehen nicht hinter einer radikalen Abkehr von Handelsbeziehungen. Die Angst vor inflationsbedingten Preissteigerungen könnte ebenfalls hemmend wirken. Doch eine Garantie gibt es nicht. Trump könnte die globale Handelslandschaft mit umfassenderen Zöllen umgestalten. Seine neue Exportstrategie wird zudem durch Jamieson Greer, seinen Handelspartner, der eine strengere Linie verfolgt, verstärkt. Sollte Trump Zollerhöhungen weiterhin als unverbindliche Drohungen nutzen, könnten diese außer Kontrolle geraten. Der Kreislauf aus Drohungen und Gegenmaßnahmen könnte letztlich dazu führen, dass Trump eines Tages zeigen muss, dass er es ernst meint. Die Zeiten, in denen der weltweite Handel nahezu unumstritten war, scheinen vorbei. Retorsionszölle, die einst nur auf echte Handelsstreitigkeiten begrenzt waren, haben durch widersprüchliche Einsatzfelder an Bedeutung gewonnen. Selbst wenn Trump Zölle lediglich als Verhandlungstaktik betrachtet, bleibt doch die Sorge, dass die Vorteile des Freihandels auf der Strecke bleiben könnten.