Die Finanzbranche blickt derzeit mit gemischten Gefühlen auf die Aussicht einer zweiten Amtszeit von Donald Trump, dessen wirtschaftspolitische Agenda auf neue protektionistische Maßnahmen abzielen könnte. Während die US-Börsen den Kurs des Präsidenten mit Zuversicht aufnehmen, stehen europäische Entscheidungsträger vor der Herausforderung, wirtschaftlich durch unruhige Gewässer zu navigieren.
Trump plant weitreichende Zölle von bis zu 20 Prozent auf weltweit importierte Güter und noch höhere Zölle speziell für China. Diese Maßnahmen, die Teil seiner "America First"-Politik sind, könnten insbesondere die ohnehin kriselnde Wirtschaft der Eurozone treffen. Experten warnen vor einem potenziellen Rückgang der Wirtschaftsleistung in Europa.
Für Deutschland prognostiziert der Bundesbankpräsident Joachim Nagel einen möglichen Verlust von bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was sogar in eine Rezession führen könnte. Französische und italienische Regierungsvertreter wie Emmanuel Macron und Mario Draghi äußerten ähnliche Bedenken hinsichtlich einer drohenden Eskalation der Handelsbeziehungen.
Auch Goldman Sachs hat kürzlich gewarnt, dass die Gesamtauswirkungen der Zölle die reale Wirtschaftsleistung der Eurozone um 0,5 Prozent senken könnten, wobei der Großteil dieses Rückgangs im kommenden Jahr zu spüren wäre. Um einer Handelskonfrontation zu entgehen, müssten europäische Entscheidungsträger klug agieren und gezielte Maßnahmen ergreifen.
Ökonom Andrew Kenningham von Capital Economics schlägt vor, die EU könnte auf US-Importgüter von besonderer politischer oder symbolischer Bedeutung mit Zöllen reagieren, anstatt flächendeckende Maßnahmen zu ergreifen. Diese Strategie wurde zuletzt 2018 eingesetzt, als Trump Zölle auf Stahl und Aluminium verhängte.
Dieses Mal sei jedoch erneut eine gezielte und weniger aggressive Antwort der EU erforderlich, um unnötige Handelskonflikte zu vermeiden und gleichzeitig eigene Interessen zu wahren, so Kenningham.