Wenn Donald Trump die Weltpolitik bestimmt und Konflikte im Nahen Osten eskalieren, erlebt ein alter Bekannter seine Renaissance: Rohöl.
Während Tech-Aktien und ESG-Trends die Schlagzeilen dominieren, sprechen Fakten, Marktanalysen und geopolitische Entwicklungen eine nüchternere Sprache. Öl könnte 2025 eine der klügsten Absicherungen im Portfolio sein – ausgerechnet jetzt, da viele es abschreiben.
Globale Nachfrage wächst – aber langsamer
Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Ölnachfrage im Jahr 2025 um etwa eine Million Barrel pro Tag auf 103,8 Millionen Barrel steigen. Klingt nach Wachstum – ist aber im historischen Vergleich moderat.
Ursache sind die abflauende Nach-Corona-Erholung, wirtschaftliche Unsicherheiten und politische Ambitionen hin zu sauberer Energie. Besonders China, lange Haupttreiber der Nachfrage, meldet eine Stabilisierung.
OPEC+ auf wackligem Gleichgewicht
Die Förderländer der OPEC+ stehen unter Druck. Viele ihrer Mitglieder benötigen höhere Einnahmen, verlieren aber zugleich Marktanteile an neue Anbieter. Analysten erwarten, dass das Kartell seine Fördermengen 2025 anpasst – ob nach oben oder unten, bleibt abhängig von politischer Abstimmung. Die Spielräume werden enger.

Trumps Energiepolitik: Das große Paradoxon
Donald Trumps Wiederwahl könnte den Ölmarkt noch unberechenbarer machen. Sein Motto: „Drill, baby, drill!“ – mehr heimische Produktion, mehr Eigenständigkeit, weniger Abhängigkeit.
Doch Trumps Politik ist doppelt paradox. Einerseits verschärft er mit Zöllen und restriktiver Einwanderung die Inflation – andererseits braucht seine Fracking-Industrie einen Ölpreis über 70 US-Dollar, um profitabel zu bleiben. Die Folge: politische Rhetorik kollidiert mit Marktmechanik.
Ölpreis: Zwischen 50 und 80 Dollar ist alles möglich
Der Brent-Preis dürfte sich 2025 laut Candriam-Analyse um die 70 US-Dollar bewegen. Doch durch geopolitische Spannungen – etwa im Nahen Osten – sind auch Ausschläge auf 80 US-Dollar realistisch.
Ein Szenario unter 50 Dollar hingegen wäre für viele Förderländer ein ökonomisches Desaster. Zugleich bleiben Investitionen in neue Projekte zurückhaltend, was den Preisdruck langfristig stabilisiert.
Aktien und Anleihen: Auf der Suche nach Substanz
Energieaktien wirken im Vergleich zum Gesamtmarkt derzeit günstig bewertet. Die Unternehmensgewinne stehen unter Druck, doch die Firmen reagieren: weniger Investitionen, mehr Finanzdisziplin, gezielte Aktienrückkäufe. Für Anleger bietet das Chancen – auch wenn ein Einstieg Fingerspitzengefühl verlangt.
Im Anleihesegment zeigen sich US-Energieunternehmen solide. Trotz höherem Risikoprofil im Hochzinsbereich bleiben viele Titel stabil. Die Unternehmen verfügen über gute Ratings und hohe Liquidität. Candriam bleibt vorsichtig optimistisch – aber selektiv.
Öl als Absicherung – nicht als Wette
Trotz allem gilt: Öl ist kein Comeback-Kandidat für Kursraketen. Es bleibt ein strategisches Mittel zur Diversifikation. Wer ein globales Portfolio gegen geopolitische Schocks, Inflation und geldpolitische Volatilität absichern will, findet im Rohöl eine unaufgeregte, aber stabile Option. Wichtig ist die professionelle Umsetzung: gezielte Auswahl, flexible Strategien, realistische Erwartungen.
Fazit: Öl gehört 2025 nicht ins Depot, weil es „cool“ ist – sondern weil es in einer Welt voller Unwägbarkeiten eine kalkulierbare Konstante bietet. Wer Diversifikation ernst nimmt, kommt um Rohstoffe nicht herum. Und wer Trumps Rückkehr an die Weltspitze ernst nimmt, schon gar nicht.