Robert Habeck geht in die Offensive. Der Kanzlerkandidat der Grünen schlägt vor, Deutschlands Milliardäre stärker zur Kasse zu bitten. Mit einer Vermögenssteuer will er jährlich bis zu sechs Milliarden Euro generieren, um in Bildung, Azubi-Förderung und Infrastruktur zu investieren.
„Ein kleiner Anteil ihres Vermögens könnte einen riesigen Unterschied für unser Land machen“, erklärte Habeck gegenüber der Bild am Sonntag.
Die Debatte über eine Vermögenssteuer ist in Deutschland nicht neu, doch selten war sie so kontrovers. Während Habeck auf eine gerechtere Verteilung pocht, warnen Kritiker vor einem „Klima der Enteignung“ und einer möglichen Kapitalflucht.
Wie funktioniert Habecks Milliardärssteuer?
Habecks Vorschlag zielt auf die rund 250 Milliardäre in Deutschland ab. Laut aktuellen Schätzungen besitzen diese gemeinsam ein Vermögen von mehr als 600 Milliarden Euro. Der Grünen-Politiker schlägt vor, einen „kleinen Prozentsatz“ ihres Vermögens jährlich zu besteuern.
„Das wäre keine Revolution, sondern eine Maßnahme der Vernunft“, betonte Habeck. Seiner Rechnung zufolge könnten fünf bis sechs Milliarden Euro pro Jahr eingenommen werden. Dieses Geld solle insbesondere für die Sanierung von Schulen, den Netzausbau für erneuerbare Energien und die Förderung von Auszubildenden eingesetzt werden.
Ein Zuschuss für Azubis – Habecks Führerscheinplan
Besonders konkret wurde Habeck bei einem weiteren Vorschlag: Azubis sollen bis zu 1000 Euro Zuschuss für ihren Führerschein erhalten, sofern der Ausbildungsbetrieb weitere 500 Euro beisteuert. „Das ist eine Investition in die Mobilität junger Menschen und in den Fachkräftenachwuchs“, erklärte er.
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Die Idee greift eine Forderung auf, die bereits von Handwerksverbänden und Gewerkschaften eingebracht wurde. „Gerade in ländlichen Regionen ist der Führerschein für viele junge Menschen entscheidend, um überhaupt eine Ausbildung antreten zu können“, heißt es aus Habecks Wahlkampfbüro.
Steuerentlastungen für die Mittelschicht
Habeck plant zudem eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale bei der Einkommenssteuer auf 1500 Euro. Bisher liegt diese bei 1230 Euro. Arbeitnehmer könnten somit höhere beruflich bedingte Kosten wie Fahrtkosten oder Fortbildungen pauschal von der Steuer absetzen. „Das entlastet vor allem die Mittelschicht“, betonte der Grünen-Politiker.
Auch der Stromnetzausbau soll künftig vom Staat vorfinanziert werden, um Verbraucher bei den Energiekosten zu entlasten. Die Finanzierung dieser Vorhaben soll ebenfalls aus den Einnahmen der Vermögenssteuer erfolgen.
Kritik aus Wirtschaft und Politik
Kaum war Habecks Vorschlag öffentlich, hagelte es Kritik. Vertreter der Wirtschaft warnten vor den Folgen für den Standort Deutschland. „Eine Vermögenssteuer ist ein Signal der Abschreckung für Investoren und Unternehmer“, erklärte ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
Auch von politischen Mitbewerbern kam Gegenwind. Die FDP bezeichnete den Plan als „gefährlichen Populismus“.
„Wer Reiche übermäßig belastet, gefährdet Innovationen und Arbeitsplätze“, warnte Finanzexperte Christian Dürr.
Habeck entgegnet der Kritik mit einem Verweis auf internationale Beispiele: „Frankreich und die Schweiz haben ähnliche Modelle – warum sollte Deutschland zurückbleiben?“ Studien zufolge sei die Kapitalflucht in solchen Ländern minimal gewesen, wenn die Steuer moderat gestaltet wurde.
Ist die Rechnung realistisch?
Experten sind jedoch skeptisch, ob Habecks Konzept die versprochenen Einnahmen tatsächlich einbringen kann. „Die Bewertung von Vermögen ist kompliziert und teuer“, erklärte eine Steuerberaterin gegenüber der InvestmentWeek. Auch die Frage, wie Vermögen wie Unternehmensanteile oder Immobilien bewertet werden sollen, bleibt ungelöst.
Hinzu kommt die Gefahr, dass Vermögenswerte ins Ausland verlagert werden. „Wer ein großes Vermögen hat, hat oft auch die Mittel, um es vor einer Steuer zu schützen“, warnen Kritiker.
Das politische Risiko
Die Vermögenssteuer war bereits in den 1990er-Jahren Teil des deutschen Steuersystems, wurde jedoch wegen rechtlicher Bedenken und ihrer geringen Effizienz abgeschafft. Eine Wiedereinführung müsste nicht nur verfassungsfest gestaltet werden, sondern auch die politischen Hürden eines gespaltenen Bundestags überwinden.
Habeck zeigt sich dennoch optimistisch: „Die Menschen in diesem Land wollen eine faire Steuerpolitik. Es geht nicht darum, jemanden zu bestrafen, sondern darum, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.“