Der erste Dämpfer kam früh – und hart
Schon zum Jahresstart hat H&M sein eigenes Soll verfehlt. Statt Rückenwind liefert das erste Quartal eine kalte Brise: Der Gewinn bricht um mehr als die Hälfte ein, die Marge schrumpft, und der Umsatz wächst nur minimal. Was der Konzern als „traditionell schwaches Quartal“ herunterspielt, ist für Analysten ein Alarmsignal.
Mit 55,3 Milliarden schwedischen Kronen (rund 5,1 Milliarden Euro) Umsatz und einem operativen Ergebnis von gerade einmal 1,2 Milliarden Kronen bleibt H&M deutlich unter seinen selbst gesteckten Zielen. Unter dem Strich bleibt ein Nettogewinn von 579 Millionen Kronen – 2024 waren es noch 1,2 Milliarden.
Rabatte, Krone, Kostendruck – oder Managementfehler?
Der Konzern erklärt den Einbruch mit äußeren Faktoren: Rabattschlachten im Weihnachtsgeschäft, Wechselkursverluste durch die erstarkte Krone, höhere Investitionen. Alles valide Gründe – aber keine neuen. Und sie allein erklären nicht, warum H&M hinter die Wettbewerber zurückfällt.
Zalando, Inditex (Zara) und sogar Fast-Retailing (Uniqlo) zeigen, dass das Umfeld nicht so toxisch ist, wie es klingt. Analystin Georgina Johanan von JPMorgan nennt die Zahlen „durchwachsen“ – und verweist auf ein insgesamt stabileres Marktumfeld, als viele erwartet hatten.
Das Kerngeschäft schwächelt – nicht nur saisonal
H&M verweist auf das erste Quartal als traditionell schwächste Phase im Geschäftsjahr. Das stimmt zwar – doch das Muster wird zum strukturellen Problem. Seit Jahren kämpft der Konzern mit zu hohen Lagerbeständen, langsamen Lieferketten und einem durchwachsenen E-Commerce-Erlebnis.
Zwar wurde die digitale Präsenz ausgebaut, doch im Vergleich zur Konkurrenz fehlt es oft an Convenience, Personalisierung und Speed. Während Zara neue Kollektionen in Wochenzyklen bringt, wirkt H&M zunehmend träge – ein Nachteil im modischen Kurzstreckengeschäft.
Aktie im Sinkflug – Vertrauen schwindet
An der Börse quittieren Anleger die Quartalszahlen mit Abwanderung. Die Aktie rutscht zunächst um über drei Prozent, stabilisiert sich leicht – bleibt aber tiefrot. Seit Jahresbeginn hat das Papier über zehn Prozent verloren, auf Jahressicht sind es mehr als 25 Prozent.
Das Vertrauen schwindet – auch weil der Konzern seit Jahren mit stagnierendem Wachstum, unklarer Strategie und einer verwässerten Markenposition kämpft. Zwischen Discount und Trendlabel, Nachhaltigkeit und Massenware, E-Commerce und Filialstruktur bleibt H&M diffus.
Jefferies bleibt vorsichtig – und nicht allein
Die Analysten von Jefferies bleiben bei „Hold“ – das ist höflich formuliert: Kein Kauf, aber auch kein Panikverkauf. Das Kursziel: 149 Kronen. Der aktuelle Kurs liegt bei rund 132 – Tendenz fallend.
Andere Beobachter sind nicht optimistischer. Die Konsensmeinung: H&M liefert zu wenig, zu langsam, zu unklar. Die kommenden Quartale müssten eine deutliche Trendwende zeigen – doch derzeit ist nicht erkennbar, woher der Schwung kommen soll.
Was jetzt zählt: Klarheit und Geschwindigkeit
H&M hat sich zu lange auf Markenkraft und Reichweite verlassen. Doch Reichweite ohne Richtung reicht nicht mehr. Die Kunden erwarten Schnelligkeit, Nachhaltigkeit, Style – und digitale Nahtlosigkeit.
Daniel Ervér, seit Anfang 2023 CEO, steht vor einem Strategieproblem: Entweder H&M zieht das Tempo deutlich an – oder der Modekonzern droht zwischen Zara, Shein und Zalando zerrieben zu werden. Hoffnung auf das zweite Quartal reicht nicht.
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