17. November, 2024

Immobilien

Günstige Immobilienzinsen in der Schweiz?

Mit 1,4 Prozent ist der Zinssatz für Baufinanzierungen in der Schweiz aktuell europaweit unübertroffen. Deutsche Immobilienkäufer können die niedrigen Zinsen ebenfalls nutzen – müssen dabei jedoch einige Risiken und Bedingungen berücksichtigen.

Günstige Immobilienzinsen in der Schweiz?
Mit Zinssätzen ab 1,4 Prozent bietet die Schweiz aktuell die günstigsten Baukredite in Europa, doch das Währungsrisiko für deutsche Immobilienkäufer bleibt eine erhebliche Hürde.

Nirgendwo in Europa sind Immobilienkredite derzeit so günstig wie in der Schweiz. Mit durchschnittlich nur 1,41 Prozent für zehnjährige Darlehen zieht das Land nicht nur die Aufmerksamkeit der eigenen Immobilienkäufer auf sich.

Auch in Deutschland werfen Anleger einen Blick auf die günstigen Konditionen und suchen Wege, um von den Schweizer Krediten zu profitieren.

Wie eine Analyse des Zürcher Kreditvermittlers Moneypark zeigt, bieten einige Schweizer Institute sogar Zinsen von lediglich 1,38 Prozent an – etwa die Bernerland Bank.

Zum Vergleich: In Deutschland liegt der durchschnittliche Zinssatz für zehnjährige Immobilienkredite bei 3,25 Prozent. Das enorme Zinsgefälle macht einen Schweizer Kredit attraktiv, birgt jedoch auch Risiken, vor allem wegen des Wechselkursrisikos.


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Der Haken: Ein Kredit in Schweizer Franken

Wer in Deutschland eine Immobilie kaufen und von den günstigen Schweizer Konditionen profitieren will, muss sich auf einen Kredit in Schweizer Franken einlassen.

Camille Dufieux, Geschäftsführerin der Hamburger Kapitalverwaltungsgesellschaft IntReal, warnt vor einem Währungsrisiko:

„Ein starker Anstieg des Franken gegenüber dem Euro würde die Schuldenlast in Euro erhöhen.“

Ein solcher Anstieg könnte die Schulden in die Höhe treiben, wodurch der Kredit nach zehn Jahren teurer wird als geplant.

Tim Schomberg, Vorstand der Münchner Immobilieninvestmentgesellschaft Kingstone Real Estate, weist auf historische Risiken hin: „Die Aufwertung des Schweizer Franken im Jahr 2015 hat bereits viele Investoren überrascht.“

Damals schoss der Franken innerhalb eines Tages um fast 20 Prozent in die Höhe, als die Schweizerische Nationalbank den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro fallen ließ.

Ein starker Franken könnte deutsche Kreditnehmer hart treffen, da sich die Schuldenlast bei einem Währungskredit in Schweizer Franken direkt am Euro-Franken-Kurs orientiert.

Für wen ein Frankenkredit sinnvoll ist – und für wen nicht

Experten wie Steffen Sebastian vom IREBS Institut der Universität Regensburg halten das Wechselkursrisiko für handhabbar, wenn die Zinsersparnis für eine höhere Tilgung genutzt wird.

„Bei einer Zinsdifferenz von etwa zwei Prozentpunkten kann eine 30-prozentige Aufwertung des Franken durch höhere Tilgungsraten aufgefangen werden“, erklärt Sebastian.

Voraussetzung ist jedoch ein solides Einkommen, das eine anfängliche Tilgung von mindestens zwei Prozent auch bei einem Euro-Kredit zulassen würde. Für Haushalte, die keine hohen Tilgungsraten leisten können, ist ein Frankenkredit dagegen weniger geeignet.

Aufwertung als Schutz vor Inflation

Ein Grund für die niedrigen Zinsen in der Schweiz liegt in der stabilen Inflationslage. Seit Jahren profitiert die Schweiz von einem Aufwertungsdruck auf den Franken, wodurch die Inflation im Land gebremst wird.

So lag die Inflationsrate im August 2023 bei lediglich 1,1 Prozent, während sie in der Eurozone zeitweise über zehn Prozent erreichte. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat daher bereits mehrfach ihren Leitzins gesenkt, zuletzt auf 1 Prozent.

Martin Schlegel, Mitglied des SNB-Direktoriums, ließ kürzlich durchblicken, dass die SNB bei Bedarf weitere Zinssenkungen vornehmen könnte, um die Schweizer Wirtschaft vor einer weiteren Franken-Aufwertung zu schützen. Das könnte Frankenkredite für Immobilienkäufer noch attraktiver machen.

Welche Banken deutsche Kunden bedienen

Interessierte deutsche Immobilienkäufer finden in Baden-Württemberg zahlreiche Sparkassen und Volksbanken, die Finanzierungen in Schweizer Franken anbieten, vor allem für Grenzgänger, die in Deutschland leben, aber in der Schweiz arbeiten.

Diese Kunden sind aufgrund ihres Einkommens in Schweizer Franken weniger anfällig für Wechselkursschwankungen. Für Käufer mit Einkommen in Euro bieten Volks- und Raiffeisenbanken in Kooperation mit der DZ Privatbank ebenfalls Finanzierungen an.


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Die Zinssätze, die deutsche Banken für Frankenkredite anbieten, liegen jedoch meist über 2,5 Prozent, da sich die Banken am deutschen Kapitalmarkt refinanzieren. Deutlich günstiger wird es bei großen Schweizer Banken wie der UBS, die Kredite zwischen 1,4 und 1,8 Prozent offerieren.

Uli Formann, Leiter der Lombardkredit-Abteilung bei der UBS, erklärt: „Für deutsche Kunden bieten wir auch Lombarddarlehen in Schweizer Franken mit Laufzeiten bis zu zehn Jahren an.“ Diese Kredite, abgesichert durch Wertpapierportfolios, sind jedoch nur für vermögende Kunden eine Option.

Wechselkurs als unkalkulierbares Risiko für Immobilienkäufer

Ein Kredit in Schweizer Franken bleibt eine Währungsspekulation, die Chancen und Risiken birgt. Die Aufwertung des Franken in den letzten Krisenjahren zeigt, wie schwer sich Wechselkurse voraussehen lassen.

Wer sich dennoch auf das Finanzierungsmodell einlässt, sollte sich der möglichen Schwankungen bewusst sein – und ausreichend Einkommen oder Sicherheiten mitbringen, um eine Kursschwankung wirtschaftlich abzufedern.