Der Startschuss in den Wahlkampf fiel bei den Grünen in Lübeck mit deutlichen Ansagen seitens ihrer Spitzenpolitiker. Parteichef Felix Banaszak äußerte sich kritisch über den Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, dem er bescheinigte, zwar kompetent Probleme zu identifizieren, jedoch ohne sie zu lösen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz blieb nicht verschont; er wurde von Banaszak als jemand beschrieben, der Probleme eher beobachte statt aktiv anzugehen. Die Grünen positionieren sich unter der Führung von Robert Habeck, der als Lösungsfinder fungieren möchte.
Robert Habeck, der in der scheidenden Regierung Vizekanzler und Wirtschaftsminister war, nutzte den Tag des Auftakts der CSU-Winterklausur in Kloster Seeon, um scharfe Kritik an früheren CSU-geführten Verkehrsministerien zu üben. Er machte diese für die heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen teilweise mitverantwortlich. Habeck hob die Pläne der Union für Steuersenkungen als unfinanziert hervor und nannte diese ein irreführendes Versprechen. Die Grünen hingegen möchten durch Investitionen wirtschaftliches Wachstum fördern und gezielt auf alltägliche Sorgen der Bevölkerung eingehen, wie steigende Mieten.
Trotz parteipolitischer Differenzen betonte Habeck die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Parteien des politischen Zentrums, um sich gegen antidemokratische Kräfte abzugrenzen. Das jüngste Scheitern der Koalitionsgespräche in Österreich diente als warnendes Beispiel; dort fiel der Regierungsauftrag an die FPÖ, die Habeck kritisch als Russland-freundlich beschrieb.
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock meldete sich zu Wort und kritisierte die Reaktion von Kanzler Scholz auf Beleidigungen durch Elon Musk. Sie zog Parallelen zu früheren Missgriffen bei Nord Stream 2 und betonte die Notwendigkeit aus Fehlern zu lernen. Baerbock prangerte ebenfalls die soziale Ungerechtigkeit im deutschen Bildungssystem an und forderte Maßnahmen zur Verbesserung, da der Föderalismus keine Ausrede für bestehende Defizite sein dürfe.
Anmerkenswert bei der Veranstaltung war der bewusste Wechsel vom gewohnten "Du" zum "Sie", womit die Redner auch ein breiteres Publikum ansprechen wollten. Der Ansturm auf die Veranstaltung überstieg mit etwa 1.500 Gästen die Erwartungen deutlich, und die Resonanz war größtenteils positiv, geprägt von enthusiastischem Applaus für die Redner. Der Entwurf des Wahlprogramms "Zusammen wachsen" soll bei einem außerordentlichen Parteitag in Berlin beschlossen werden, während die Bundestagswahl am 23. Februar ansteht.