Auf ihrem jüngsten Bundesparteitag in Berlin haben die Grünen ein kontrovers diskutiertes steuerpolitisches Modell beschlossen. Das lang etablierte Ehegattensplitting soll für neu geschlossene Ehen einer individuellen Besteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag weichen. Für bereits verheiratete Paare bleibt das bewährte System jedoch bestehen, es sei denn, sie wählen freiwillig das neue Modell.
Der Vorstoß eines radikaleren Umbruchs erhielt hingegen keine Mehrheit. Andrea Blome aus Münster, Verfechterin dieses umfassenden Ersatzes, kritisierte die beschlossene Wahlfreiheit zwischen den Modellen als "faulen Kompromiss". Ihrer Ansicht nach zementiert dieser Kompromiss bestehende Rollenverteilungen in Teilzeit- und Minijobs, die vor allem Frauen benachteiligen.
Die Parteivorsitzende Franziska Brantner entgegnete dieser Kritik mit einem pragmatischen Ansatz. In Zeiten unsicherer Zukunftsperspektiven wolle man den Menschen nicht die gewohnten Sicherheiten nehmen, sondern ihnen Freiräume lassen.
Das Ehegattensplitting beruht auf der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Ehepartnern, was in der Regel dann besonders vorteilhaft ist, wenn die Einkommensverteilung innerhalb der Ehe ungleich ist. Kritiker bemängeln an diesem System die Schaffung ökonomischer Anreize für einen geringeren Erwerbsumfang eines Partners, meist der Ehefrau, was negative Auswirkungen auf deren Rentenansprüche im Alter haben kann.