Kurz vor der geplanten Reform der Grundsteuer nutzen viele Städte und Gemeinden die Gelegenheit, ihre Hebesätze noch einmal kräftig nach oben zu schrauben.
Laut einer Analyse des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben dieses Jahr insgesamt 160 Kommunen die Grundsteuer B angehoben – eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr.
Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK, sieht darin „die größte Erhöhung des durchschnittlichen Hebesatzes seit zehn Jahren“. Vor allem die mittelständische Wirtschaft blickt zunehmend besorgt auf diese Entwicklung.
Rekorderhöhung: Steuerschraube bis zum Anschlag
Mit einem Durchschnittshebesatz von nun 568 Prozent setzt die Grundsteuer 2024 neue Maßstäbe. Zum Vergleich: Letztes Jahr betrug der Schnitt 554 Prozent. Der DIHK beobachtet damit eine Steigerung um 14 Punkte – ein Rekord, der Signalwirkung haben könnte.
„Die Kommunen sehen sich gezwungen, die Hebesätze zu erhöhen, um ihren wachsenden Ausgaben gerecht zu werden,“ sagt Wansleben.
Betroffen sind dabei sowohl die Wohn- als auch die Gewerbesteuer: Letztere wurde in 105 Städten erhöht, doppelt so vielen wie im Vorjahr.
Die Perspektive der Kommunen: Zwischen Kassenminus und Sozialausgaben
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, verteidigt die Maßnahmen. „Die Kommunen stehen unter enormem Druck“, betont er. „Mit steigenden Sozial- und Personalkosten und nur langsam wachsenden Steuereinnahmen bleibt vielen Städten schlichtweg keine Wahl.“
Für viele Gemeinden sei es eine Frage der Existenz, die Kassen durch Steueranpassungen zu stabilisieren. Doch diese Maßnahmen gehen nicht ohne Widerstand durch.
Was es für Unternehmen bedeutet
Die Kehrseite der Erhöhungen könnte für viele Unternehmen problematisch werden. Gerade der Mittelstand, auf den große Teile der Kommunalwirtschaft bauen, sieht sich durch die steigende Steuerlast in seiner Wettbewerbsfähigkeit bedroht.
„Weitere Steuerlasten mindern die Investitionskraft und schwächen die Standortattraktivität vieler Regionen,“ gibt Wansleben zu bedenken. Steigende Steuern könnten langfristig nicht nur das wirtschaftliche Wachstum hemmen, sondern auch zu einer Abwanderung von Unternehmen führen.
Ein Blick nach vorn: Noch kein Ende in Sicht
Die Grundsteuerreform 2025 wird mit Spannung erwartet – und die Hoffnung, dass sie die Steuerlast bremst, ist groß. Doch André Berghegger vom Städte- und Gemeindebund sieht die Lage pragmatisch: „Wir müssen mit steigenden Ausgaben rechnen.
Weitere Anpassungen der Hebesätze sind daher nicht ausgeschlossen.“ Vor allem wird darüber spekuliert, ob Städte die versprochene „Aufkommensneutralität“ der Reform tatsächlich einhalten können.
Die Schlinge zieht sich zu
Für Bürger und Unternehmen heißt es nun, sich auf weitere Belastungen einzustellen. Während die Kommunen auf der einen Seite zum Sparen gezwungen sind, sehen sich Unternehmen immer stärker in der Rolle des Finanzierers.
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