07. Juli, 2024

Politik

Großbritannien vor politischem Wendepunkt: Labour steht vor historischem Sieg

Großbritannien vor politischem Wendepunkt: Labour steht vor historischem Sieg

Großbritannien befindet sich unmittelbar vor einer wegweisenden Parlamentswahl. Prognosen zufolge muss Premierminister Rishi Sunak und seine Konservative Partei mit einer schweren Niederlage rechnen. Im Gegenzug winkt Keir Starmer von der Labour-Partei die Rolle des neuen Regierungschefs, womit eine 14-jährige Ära konservativer Regierung enden könnte. Die Wahllokale sind von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr (MESZ) geöffnet. Laut dem Meinungsforschungsinstitut YouGov steht Labour vor der größten Mehrheit seit 1832. Projektionen sehen die Sozialdemokraten bei 431 der 650 Sitze im Unterhaus, ein deutlicher Anstieg von den bisherigen 202 Sitzen. Im Vergleich dazu werden die Konservativen voraussichtlich auf nur 102 Mandate einbrechen. „Was wir hier erleben, ist beispiellos in der britischen politischen Geschichte“, erklärte YouGov-Experte Patrick English gegenüber Sky News. Starmer verspricht einen frischen Wind in der britischen Politik. Seiner Ansicht nach kann sich das Land fünf weitere Jahre unter konservativer Führung nicht leisten. Er sieht seine Wahl als Gelegenheit, Großbritannien neu zu gestalten und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Auch das Abschneiden der Liberaldemokraten wird mit großer Spannung erwartet. Berechnungen zufolge könnten diese sogar die Konservativen als größte Oppositionsfraktion ablösen. Erstmals könnte auch die rechtspopulistische Partei Reform UK von Nigel Farage den Sprung ins Unterhaus schaffen. Experten gehen davon aus, dass Reform UK zahlreiche Stimmen am rechten Rand abziehen wird, was den Konservativen weiter schaden dürfte. Beim aktuellen Wahlsystem gewinnt in jedem der 650 Wahlkreise der Kandidat mit den meisten Stimmen das Direktmandat. Insgesamt sind über 46 Millionen Menschen wahlberechtigt, mit einer absoluten Mehrheit im Unterhaus bei 326 Sitzen. Während die Konservativen um Schadensbegrenzung bemüht sind, gab Arbeitsminister Mel Stride im rechten Sender GB News zu, dass Labour auf einen historischen Erdrutschsieg zusteuere. Zahlreiche amtierende Regierungsmitglieder könnten ihre Sitze verlieren, selbst Premier Sunak könnte sein nordenglisches Mandat abgeben müssen. Sollte dies geschehen, wäre es das erste Mal in der Geschichte, dass ein amtierender Premierminister aus dem Unterhaus ausscheidet. Bereits jetzt positionieren sich mögliche Nachfolger innerhalb der konservativen Partei. Zu den prominenten Namen zählen Penny Mordaunt, Kemi Badenoch und Suella Braverman. Braverman äußerte in einem Gastbeitrag für die Zeitung „Telegraph“, dass sich die Partei auf die Realität und Frustration der Opposition vorbereiten müsse. SUNAK zeigt sich dennoch kämpferisch und betont, dass ein Gewinn von 130.000 zusätzlichen Stimmen in etwa 100 umkämpften Wahlkreisen das Ergebnis deutlich verändern könnte. Er warnt vor einer „Supermehrheit“ für Labour, auch wenn dies im politischen System keine Rolle spielt. Die mediale Unterstützung für Labour wächst: Selbst die Boulevardzeitung „Sun“, traditionell konservativ, plädierte jüngst dafür, Starmer eine Chance zu geben. Die Gründe für den Absturz der Konservativen sind vielfältig: Die wirtschaftlichen Folgen des Brexits, zahlreiche Skandale und Affären sowie die chaotische Wirtschaftspolitik der Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss haben das Vertrauen der Öffentlichkeit nachhaltig erschüttert. Seit dem Brexit-Referendum 2016 gab es fünf Premierminister; Rishi Sunak ist seit Oktober 2022 im Amt. Mit Schließung der Wahllokale um 23.00 Uhr (MESZ) wird eine erste Prognose erwartet, während die Auszählung bis Freitagmorgen andauert und König Charles III. den neuen Premierminister offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt.