Die britischen Finanzmärkte stehen vor einer neuen Herausforderung: Höhere Inflationserwartungen könnten die Bank of England (BoE) daran hindern, die Zinsen im kommenden Jahr so stark zu senken wie zuvor erhofft. Dies unterstreicht die Divergenz im monetären Kurs der BoE im Vergleich zu anderen Zentralbanken weltweit.
Rachel Reeves, die neue britische Finanzministerin, präsentierte jüngst ihr erstes Budget, das die größten Steuererhöhungen seit drei Jahrzehnten umfasst. Ihr Ziel: Durch umfangreiche Ausgaben die angeschlagenen öffentlichen Dienste des Landes zu reparieren. Britanniens unabhängiger Haushaltsprognostiker deutet darauf hin, dass diese Pläne kurzfristig die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt stärken könnten, jedoch auch die Inflation anheizen werden. Nächstes Jahr wird ein Anstieg der Verbraucherpreisinflation um einen halben Prozentpunkt erwartet.
Noch vor der Budgetvorstellung galten die britischen Arbeitsmarktbedingungen und der einheimische Dienstleistungssektor als treibende Kräfte der Inflation. Das Büro für Haushaltsverantwortung (OBR) prognostiziert nun eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,6 % für das nächste Jahr, was über der bisherigen Schätzung von 1,5 % liegt. Diese Aussichten haben die Erwartungen der Investoren hinsichtlich wiederholter Zinssenkungen durch die BoE im kommenden Jahr gedämpft.
Obwohl bei der nächsten Sitzung am 7. November eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt recht wahrscheinlich bleibt, wirft das neue Budget Fragen über den weiteren Zinsverlauf im nächsten Jahr auf. Marktexperten gehen von etwa vier viertelprozentigen Zinssenkungen der BoE bis Ende des nächsten Jahres aus – eine Reduzierung der Erwartungen gegenüber fast fünf vor Bekanntgabe des Budgets. Zum Vergleich: Die U.S. Federal Reserve und die Europäische Zentralbank planen fast fünf solche Maßnahmen.
Andrew Goodwin von Oxford Economics vermutet, dass die BoE kaum ausreichend Zeit haben wird, um die Budgetauswirkungen zeitnah in ihre wirtschaftlichen Prognosen zu integrieren. Sollte sich das vom OBR prognostizierte Wirtschaftswachstum bestätigen, könnte dies eine narrative Herausforderung darstellen, die schnellere Zinssenkungen rechtfertigt.
Nach Veröffentlichung des Berichts der OBR erlitten die britischen Staatsanleihen (Gilts) Kursverluste. Reeves hat zwar knapp ihre neuen fiskalischen Regeln eingehalten, doch wurden auch höhere Bankratenerwartungen und Anleiherenditen prognostiziert. PIMCO-Ökonom Peder Beck-Friis bleibt jedoch optimistisch gegenüber Gilts und erwartet langfristig eine Verschiebung des Marktfokus hin zu den zugrunde liegenden makroökonomischen Einflussfaktoren, darunter eine abflauende Inflation.