20. September, 2024

Wirtschaft

Großbritannien vor größerer Schuldenkrise? Ökonomen warnen vor steigendem Haushaltsdefizit

Großbritannien vor größerer Schuldenkrise? Ökonomen warnen vor steigendem Haushaltsdefizit

Das britische Finanzministerium sieht sich in den kommenden Jahren mit erheblichen finanziellen Herausforderungen konfrontiert, da die öffentliche Verschuldung weiterhin stark ansteigt. Rachel Reeves' erstes Haushaltsbudget wird mit Spannung erwartet, doch bereits jetzt steht fest, dass die Regierung hunderte Milliarden Pfund leihen muss.

Im laufenden Jahr hat das Finanzministerium bereits 6,2 Milliarden Pfund mehr als prognostiziert geliehen, so die jüngsten Zahlen des Office for Budget Responsibility (OBR). Der sogenannte „Cash Requirement“, ein wichtiges Maß für die benötigte Liquidität, weist sogar ein noch höheres Defizit von 16,7 Milliarden Pfund aus.

Seit der Pandemie ist die Ausgabe von Staatsanleihen, den sogenannten „Gilts“, dramatisch gestiegen. Dies wird sich voraussichtlich fortsetzen, da Reeves einen fiskalischen Fehlbetrag von 22 Milliarden Pfund ausgleichen muss. Ökonomische Experten wie Imogen Bachra von NatWest und George Buckley von Nomura gehen davon aus, dass das Defizit in diesem Jahr auf über 300 Milliarden Pfund anwachsen könnte.

Die öffentliche Verschuldung Großbritanniens ist inzwischen gleich hoch wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes. Höhere Zinsen und steigende Ausgaben für den öffentlichen Sektor belasten die Staatskasse zusätzlich. Insbesondere steigende Kosten zur Schuldentilgung, die mittlerweile fast 100 Milliarden Pfund pro Jahr betragen, stellen eine erhebliche finanzielle Bürde dar.

Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Nachfrage nach britischen Staatsanleihen robust. Sanjay Raja von Deutsche Bank und Yael Selfin von KPMG betonen, dass internationale Investoren die Attraktivität britischer Anleihen aufgrund höherer Renditen und politischer Stabilität schätzen.

Doch Buckley warnt, dass die Finanzmärkte klare Signale benötigen, um Vertrauen in den britischen Staatshaushalt zu behalten. Dies könnte Steuererhöhungen notwendig machen, insbesondere bei Kapitalertrag- und Erbschaftssteuer.

Zusätzlich muss die Regierung entscheiden, wie sie Sparern weiterhin Anreize bieten kann, in Staatsanleihen zu investieren, ohne durch steuerliche Änderungen die Attraktivität dieser Anlageform zu mindern.

Ein Bericht des Wirtschaftsausschusses des Oberhauses fordert Reeves auf, Steuererhöhungen oder Kürzungen der öffentlichen Ausgaben in Erwägung zu ziehen, um einen möglichen Schuldennotstand abzuwenden. Lord Bridges, Vorsitzender des Ausschusses, kritisiert die derzeitigen Schuldenregeln als unzureichend und fordert striktere Maßnahmen zur Senkung der Verschuldung.