30. September, 2024

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Großbritannien beendet Ära der Kohleverstromung

Großbritannien beendet Ära der Kohleverstromung

Durch die Schließung des letzten Kohlekraftwerks im englischen Ratcliffe-on-Soar südwestlich von Nottingham verabschiedet sich Großbritannien nach über 140 Jahren von der Stromerzeugung mittels Kohle. Damit markiert das Vereinigte Königreich einen bedeutenden Wendepunkt, den die renommierte „Times“ unterstreicht. Als das erste wohlhabende Industrieland wagt es den vollständigen Kohleausstieg. Der Think Tank E3G bemerkte hierzu unlängst: „Der Geburtsort der Kohleverstromung steht kurz davor, kohlefrei zu werden.“ Unter der konservativen Regierung des damaligen Premierministers Boris Johnson wurde der Ausstieg aus der Kohleverstromung bereits im Juni 2021 um ein Jahr vorgezogen. Fortan soll ausschließlich sauberer Strom zum Einsatz kommen. Staatssekretär Michael Shanks von der sozialdemokratischen Labour-Partei, die seit Anfang Juli regiert, hob hervor, dass Großbritannien stolz auf seine 140-jährige Geschichte im Kohlesektor sein könne. „Die Kohleära mag zwar enden, aber ein neues Zeitalter guter Arbeitsplätze im Energiesektor beginnt jetzt erst für unser Land“, so Shanks. Insbesondere werden Windkraft sowie moderne Technologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung betont. Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Energiesicherheit und -unabhängigkeit des Landes stärken, sondern auch die Haushalte vor steigenden internationalen fossilen Brennstoffpreisen schützen. Zudem soll die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert und der Klimawandel bekämpft werden. Großbritannien strebt danach, eine „Supermacht im Bereich saubere Energie“ zu werden. Noch vor gut 100 Jahren dominierte die Kohleverbrennung beinahe vollständig die britische Stromerzeugung. Im Jahr 2023 hingegen betrug ihr Anteil am Energiemix nur noch 1,3 Prozent. Großbritannien gelang der frühere Kohleausstieg im Vergleich zu Deutschland auch aufgrund des fortgesetzten Einsatzes von Atomkraft. Während Deutschland einen Kohleausstieg bis 2038 plant, strebt die Ampelkoalition an, diesen idealerweise auf 2030 vorzuziehen. Seit der Inbetriebnahme des ersten Kraftwerks im Jahr 1882 verbrauchten die britischen Kohlekraftwerke insgesamt 4,6 Milliarden Tonnen Kohle und stießen dabei 10,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) aus – mehr als die meisten Länder weltweit je aus allen Quellen zusammen. Chris Stark, der britische Klima-Regierungsberater, betonte gegenüber der „Times“, dass Großbritannien in puncto Kohle weit voraus sei, vor allem im Vergleich zu anderen G7-Volkswirtschaften. Michael Lewis, der Chef des Kraftwerkbetreibers Uniper, nannte das Ende von Ratcliffe „eine enorm große Sache – lokal, national, international.“ Das 1968 eröffnete Kraftwerk erhielt im Juni seine letzte Kohlelieferung von 1.650 Tonnen per Zug.