25. April, 2025

Wirtschaft

Griechenlands Rückkehr: Warum Athen plötzlich Milliarden an seine Bürger ausschüttet

Nach einem seltenen Haushaltsüberschuss kündigt Griechenland milliardenschwere Hilfen für Mieter und sozial Schwache an – ein Zeichen fiskalischer Stabilität oder ein riskanter Vorgriff auf morgen?

Griechenlands Rückkehr: Warum Athen plötzlich Milliarden an seine Bürger ausschüttet
Griechenland meldet als eines von nur sechs EU-Ländern keinen Fehlbetrag – doch bei über 160 % Staatsverschuldung bleibt fraglich, wie nachhaltig die neue Großzügigkeit wirklich ist.

Der Preis der Vergangenheit – und der Spagat in der Gegenwart

In Athen hat man gelernt, wie es sich anfühlt, auf der Intensivstation der Eurozone zu liegen. Fast ein Jahrzehnt lang kämpfte Griechenland mit den Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise – tiefgreifende Sparprogramme, soziale Unruhen, eine verlorene Generation junger Akademiker.

Heute, 13 Jahre nach dem ersten Rettungspaket, meldet das Land einen Haushaltsüberschuss – und verteilt ihn offensiv an seine Bürger.

Mit einem Plus von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehört Griechenland zu den sechs Staaten in der EU, die im Jahr 2024 ohne Defizit ausgekommen sind. Eine Seltenheit, nicht nur im europäischen Vergleich.

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis nutzt diesen Moment für ein politisch wirksames Signal: mehr Gerechtigkeit für Mieter, mehr Hilfe für Ältere und sozial Schwache – und ein Investitionsschub für die öffentliche Infrastruktur. Ein Schritt, der landesweit Beifall findet – und zugleich kritische Fragen aufwirft.

Ein Monatslohn pro Jahr – Rückerstattung als Entlastung

Für rund 950.000 Haushalte soll künftig einmal jährlich im November eine Monatsmiete rückerstattet werden – unabhängig von Mietniveau oder Region.

Diese Maßnahme trifft einen Nerv: In vielen griechischen Städten sind die Mieten in den letzten Jahren stärker gestiegen als die Einkommen. Besonders junge Familien und Rentner stehen unter Druck.

Für rund 1,4 Millionen Menschen – insbesondere ältere Bürger, Menschen mit Behinderung oder ohne Versicherungsschutz – kündigte Mitsotakis zudem eine jährliche Direktzahlung von 250 Euro an.

Die angekündigten Direktzahlungen an sozial Schwache entlasten kurzfristig, lösen aber keines der strukturellen Probleme im griechischen Renten- und Gesundheitswesen.

Auf den ersten Blick mag das nach wenig klingen. Doch im griechischen Mindestlohnumfeld entspricht es etwa einer Woche Nettolohn. Symbolisch ist es viel mehr: ein Signal staatlicher Handlungsfähigkeit nach Jahren der fiskalischen Ohnmacht.

Rückkehr zur Investition – oder Rückfall in die Vergangenheit?

Neben den Sozialhilfen sollen 500 Millionen Euro jährlich in öffentliche Projekte fließen – Schulen, Krankenhäuser, Verkehrsnetze. Das Ziel: nachhaltiges Wachstum und Resilienz gegenüber künftigen Schocks.

Dass das Land heute überhaupt über solche Spielräume verfügt, ist Resultat harter Jahre: drastische Kürzungen, Abbau von Bürokratie, Digitalisierung der Steuerbehörden und der Versuch, Steuervermeidung systematisch zu bekämpfen.

Doch der internationale Blick auf Griechenlands Kehrtwende bleibt vorsichtig. Die Ratings haben sich zwar verbessert, aber das Vertrauen ist nicht grenzenlos. Noch immer liegt die Staatsschuld bei über 160 Prozent des BIP – auch wenn der Großteil zu festen Zinsen bei europäischen Institutionen liegt. Griechenland ist nach wie vor das einzige Eurozonen-Land, dessen Schuldenlast höher ist als während der Eurokrise.

Die Schatten der Vergangenheit bleiben präsent

Das größte Risiko: die politische Versuchung. Sozialgeschenke in einem Wahljahr – 2027 wird erneut gewählt – können populär sein, aber langfristig teuer. Vor allem, wenn das Wachstum – wie von der OECD zuletzt prognostiziert – ab 2026 wieder abflachen sollte. Die Frage lautet daher nicht nur, ob Griechenland es sich heute leisten kann – sondern auch, ob es die Konsequenzen morgen tragen will.

Wirtschaftswissenschaftler wie der frühere IWF-Analyst Manos Economou warnen: „Ein struktureller Überschuss ist etwas anderes als ein Einmaleffekt durch Steuermehreinnahmen.“ Wenn Griechenland wieder in die alten Muster der Vorkrisenzeit falle, sei der Spielraum schnell verspielt.