Das neue Jahr hat kaum begonnen, und die griechische Küstenwache meldet bereits 446 Migranten, die in den ersten Tagen des Jahres über das Mittelmeer nach Griechenland gelangt sind.
315 von ihnen wurden bei Kreta aufgegriffen, nachdem sie von Libyen aus gestartet waren. Weitere 131 Menschen kamen von der Türkei aus auf griechische Inseln. Eine Entwicklung, die die Dynamik der Migration in Südeuropa verändert.
„Die meisten wollen weiter nach Deutschland“, sagt der griechische Migrationsminister Nikos Panagiotopoulos nüchtern.
Von Libyen über Kreta nach Mitteleuropa
Die Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR bestätigen den Trend: 2024 stieg die Zahl der Ankünfte in Griechenland auf 62.022 – mehr als das Dreifache im Vergleich zu 2022.
Trotz verschärfter Grenzkontrollen entlang der zentralen Mittelmeerroute scheinen die östlichen Routen über die Türkei und Libyen für Migranten wieder attraktiver zu werden.
Im Gegensatz dazu verzeichnet Italien einen deutlichen Rückgang. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Ankommenden dort um fast 58 Prozent, von 157.671 im Jahr 2023 auf nur noch 66.475.
Auch Spanien meldet steigende Zahlen, insbesondere auf den Kanarischen Inseln, wo 2024 über 46.000 Migranten ankamen.
Spannung an der EU-Außengrenze
In Griechenland steigen die Sorgen. Die Inseln im Osten des Landes sind erneut Dreh- und Angelpunkt der Migration, ähnlich wie in der Flüchtlingskrise 2015.
Die Regierung in Athen zeigt sich alarmiert, warnt vor Überlastung der Aufnahmelager und fordert mehr Unterstützung aus Brüssel.
Doch nicht nur logistische Herausforderungen machen den Behörden zu schaffen. Die Lage an der türkisch-griechischen Grenze bleibt angespannt. Berichten zufolge hat die Türkei ihren Patrouillen-Rhythmus reduziert, was die Überfahrt für viele erleichtert.
Deutschland bleibt das Ziel
Laut Umfragen unter Migranten, die in Griechenland ankommen, steht Deutschland weiterhin ganz oben auf der Liste ihrer Wunschziele. Viele geben an, sich in Griechenland nur vorübergehend aufzuhalten, um dann über die Balkanroute oder andere Wege nach Mitteleuropa weiterzureisen.
Die deutsche Bundesregierung sieht sich dadurch erneut unter Druck. Forderungen nach einer fairen Verteilung innerhalb der EU werden lauter. Doch wie schon in den vergangenen Jahren fehlt es an konkreten Maßnahmen, die alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen entlasten könnten.
Eine tickende Zeitbombe?
Die steigenden Zahlen in Griechenland könnten sich als Signal für eine neue Migrationswelle erweisen, warnen Experten. Sollte es nicht gelingen, die Situation frühzeitig zu stabilisieren, droht eine Wiederholung der Szenarien von 2015.
„Ohne eine gemeinsame europäische Lösung steuern wir erneut auf eine humanitäre und politische Krise zu“, sagt der Migrationsexperte Dimitris Papadopoulos.
Die Herausforderungen sind immens: Während Länder wie Italien und Spanien verstärkt auf Abschottung setzen, bleibt Griechenland im Fokus des Migrationsgeschehens. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die EU dieses Mal besser aufgestellt ist – oder erneut zwischen nationalen Interessen zerrieben wird.
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