Gold, das glänzende Relikt vergangener Währungssysteme, wird häufig als sichere Zuflucht in turbulenten Zeiten angesehen. Doch ein detaillierter Blick in die Geschichte des Edelmetalls enthüllt ein komplexeres Bild seiner tatsächlichen Leistung in Krisensituationen.
Gold in Krisenzeiten: Ein zweischneidiges Schwert
Ukraine-Konflikt Mit dem Beginn des Russland-Ukraine-Konflikts im Februar 2022 erlebte der Goldpreis einen spürbaren Anstieg. Im März 2022 erreichte der Preis fast das Rekordhoch von 2075 US-Dollar aus dem Sommer 2020.
Obwohl der Preis für das Edelmetall seither etwas nachgelassen hat, bleibt er immer noch höher als fast jederzeit in den letzten zehn Jahren. Die Fortsetzung des Krieges könnte potenziell zu weiteren Höchstpreisen führen, wohingegen eine Beilegung des Konflikts durch Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen voraussichtlich keine weiteren Preisanstiege nach sich ziehen würde.
Terroranschläge am 11. September 2001 Die Anschläge vom 11. September 2001 hatten ebenfalls direkte Auswirkungen auf die Goldpreise, die innerhalb von fünf Handelstagen um 6,5 Prozent anstiegen, während der MSCI World Index rund fünf Prozent einbüßte.
In den zwei Monaten danach erholte sich der MSCI World jedoch um 4,5 Prozent, während der Goldpreis etwa fünf Prozent seines Wertes verlor.
Ölkrise 1973 Die Ölkrise von 1973 beeinflusste sowohl Gold als auch Aktienmärkte erheblich. Im Zeitraum von September 1973 bis September 1974 konnten Anleger mit Gold eine reale Rendite von etwa 55 Prozent erzielen, im Gegensatz zu einem realen Verlust von fast 37 Prozent beim MSCI World.
Während Gold sich als sichere Anlage in dieser Krisenzeit erwies, zeigte sich im längerfristigen Vergleich der MSCI World mit einer realen Rendite von etwa 6,5 Prozent über 15 Jahre als die bessere Investition gegenüber der realen Rendite von Gold, die bei etwa 4,1 Prozent lag.
Diese historischen Beispiele verdeutlichen, wie Gold als Anlageklasse in Zeiten geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten reagieren kann, unterstreichen jedoch auch die Volatilität und die damit verbundenen Risiken dieser Anlageform.
Der Mythos und die Realität
Gold steigt oft im Wert, wenn der Markt sinkt, weil Investoren nach Sicherheit suchen. Es hat jedoch auch seine Tücken. Die begrenzte Verfügbarkeit von Gold und das langsamere Wachstum im Vergleich zur Geldmenge suggerieren zwar eine inhärente Wertstabilität, doch die Geschichte lehrt uns, dass auch Goldpreise stark schwanken können, besonders wenn Zentralbanken und professionelle Händler in Krisenzeiten reagieren.
Kritische Betrachtung der Goldinvestition
Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, warnt davor, Gold als Allheilmittel für finanzielle Sicherheit zu sehen. Obwohl es in der Vergangenheit oft als stabil galt, gibt es keine Garantie, dass es in zukünftigen Krisen ähnlich reagieren wird.
Die Investition in Gold sollte moderat erfolgen, als Teil einer diversifizierten Anlagestrategie, um das Risiko zu streuen und nicht als alleinige Sicherungsmaßnahme.
Regulatorische Risiken und die Illusion der Sicherheit
Die Geschichte zeigt auch, dass Regierungen in Extremsituationen drastische Maßnahmen ergreifen können, wie das Verbot des privaten Goldbesitzes in den USA während der Great Depression unter Präsident Franklin D. Roosevelt. Solche regulatorischen Eingriffe unterstreichen die potenziellen Risiken, die mit einer zu starken Abhängigkeit von Gold verbunden sind.
Gold als Teil, nicht als Kern der Anlagestrategie
Während Gold zweifellos eine Rolle in der Risikostreuung eines Portfolios spielen kann, sollten Anleger die volle Bandbreite der historischen Leistung und der potenziellen Risiken bedenken.
Eine übermäßige Abhängigkeit von Gold könnte in unsicheren Zeiten ebenso nachteilig sein wie eine Unterinvestition in andere, möglicherweise stabilere oder ertragreichere Anlagen.