Der größte deutsche IT-Dienstleister Bechtle hat einen klassischen Fehlstart ins Jahr hingelegt – und will dennoch nicht von seinen Jahreszielen abrücken. Umsatz rückläufig, Gewinn stark eingebrochen, das Sentiment unter Analysten angespannt.

Doch der Vorstand bleibt unbeirrt und setzt auf ein Anziehen der Nachfrage im weiteren Jahresverlauf – insbesondere aus dem öffentlichen Sektor.
Ein Wagnis, das mehr über die Verfasstheit des Unternehmens und die Marktlage verrät als viele Kennzahlen.
Gewinneinbruch um ein Drittel – Analysten überrascht
Im ersten Quartal 2025 erwirtschaftete Bechtle einen Umsatz von 1,46 Milliarden Euro – drei Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das Ergebnis vor Steuern sackte sogar von 82 auf nur noch 55 Millionen Euro ab, ein Rückgang um gut 33 Prozent.
Während der Vorstand den Einbruch als „nicht überraschend“ bezeichnete, hatten die meisten Analysten mit stabileren Zahlen gerechnet. Der Konsens lag merklich über dem, was Bechtle am Freitag vorlegte.
Damit schwindet auch ein Stück weit der Nimbus des „bodenständigen, aber soliden Wachstumswerts“, als den viele Investoren Bechtle lange Zeit betrachteten.
Prognose bleibt – aber mit vielen Wenns
Trotz der schwachen Zahlen hält Bechtle an der ursprünglichen Prognose fest: Für das Gesamtjahr soll der Umsatz drei Prozent über oder unter dem Niveau von 2024 liegen, das Vorsteuerergebnis maximal fünf Prozent darunter oder darüber. Eine Zielspanne, die ohnehin wenig Ambition ausstrahlte – nun wirkt sie eher wie ein Wunschzettel.
Das Management begründet den Optimismus mit einer erwarteten Nachfragebelebung im zweiten Halbjahr, vor allem durch öffentliche Auftraggeber. Erste positive Impulse habe es bereits im April gegeben – konkrete Zahlen oder Belege blieb das Unternehmen jedoch schuldig.
Öffentliche Aufträge als Hoffnungsträger –
Dass Bechtle auf den Staat als Rettungsanker setzt, ist strategisch nachvollziehbar: Behörden und öffentliche Einrichtungen zählen traditionell zu den größten Kunden des IT-Systemhauses.
Doch gerade hier bremst aktuell die Haushaltspolitik. Zahlreiche IT-Projekte wurden in den letzten Monaten gestoppt, auf Eis gelegt oder verschoben – auch aufgrund der haushaltspolitischen Unsicherheiten auf Bundes- und Länderebene.
Hinzu kommt: Der Markt ist zunehmend kompetitiver geworden. Unternehmen wie Cancom, Computacenter und internationale Player wie CDW oder Atos ringen ebenfalls um Großaufträge im Behördenumfeld – oft mit aggressiveren Preisen.
Digitalisierung stockt – nicht nur bei Bechtle
Bechtle ist mit dem Marktproblem nicht allein. Die Investitionszurückhaltung vieler Unternehmen, kombiniert mit geopolitischen Unsicherheiten, hat den gesamten IT-Dienstleistungssektor ausgebremst.
Nach Jahren mit doppelstelligen Wachstumsraten trifft die neue Realität besonders jene Anbieter, die auf das Geschäft mit klassischer IT-Infrastruktur setzen – ein Segment, das aktuell eher unter Budgetkürzungen leidet als von der KI-Euphorie profitiert.
Bechtle befindet sich in einer strategischen Zwischenphase: Zu groß für Nischen, zu wenig international für globale Skaleneffekte – und bei Zukunftsthemen wie Cloud-native Services oder KI-Integration noch nicht da, wo Investoren das Unternehmen gerne sähen.
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